Wahlen in Simbabwe 2018

Wahl

Am 30. Juli 2018 fanden Wahlen in Simbabwe statt.[1] Es wurden der Präsident und beide Kammern des Parlaments gewählt. Es waren die ersten Wahlen nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Robert Mugabe.

Die Wahlen mussten laut Verfassung vor Ablauf der Legislaturperiode des Parlaments, d. h. vor dem 21. August 2018 stattfinden.[2] Eine Verschiebung der Wahlen erschien nach dem Militärputsch 2017 wahrscheinlich. Die regierende ZANU-PF sprach zunächst von September 2018,[3] legte sich dann aber auf den 30. Juli 2018 als Wahltermin fest.[1]

Präsident Emmerson Mnangagwa lud im Januar 2018 Wahlbeobachter der EU, UNO und des Commonwealth zur Wahl ein.[4]

Nach Auszählung der Stimmen für die Nationalversammlung wurde am 1. August 2018 die ZANU-PF zum Wahlsieger erklärt. Die Bekanntgabe der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl verzögerte sich, was Oppositionelle als ein Zeichnen für einen versuchten Wahlbetrug deuteten. In der Hauptstadt Harare kam es daraufhin zu Protesten, die gewaltsam von der Polizei niedergeschlagen wurden.

Laut Wahlkommission gewann Mnangagwa die Präsidentenwahl im ersten Wahlgang, das Ergebnis wurde aber von dem zweitplatzierten Kandidaten Nelson Chamisa gerichtlich angefochten. Am 24. August 2018 wurde der Einspruch zurückgewiesen, Mnangagwa zwei Tage später vereidigt.

Wahlsystem

Grundlage des Wahlsystems ist das Wahlgesetz vom 15. Dezember 2004, das zuletzt im Jahr 2013 ergänzt wurde.[5] Die Nationalversammlung, das Unterhaus Simbabwes, besteht aus 210 Abgeordneten, die direkt in ebenso vielen Wahlkreisen nach einfachem Mehrheitswahlrecht gewählt werden. Zusätzlich zu den direkt gewählten Kandidaten werden in jeder der acht Provinzen bzw. zwei Metropolregionen mit Provinzstatus 6 Frauen ins Parlament entsandt. Diese 60 für Frauen reservierten Sitze werden entsprechend den proportionalen Stimmenanteilen der Parteien in den Provinzen bzw. Metropolregionen vergeben. Im Senat, der zweiten Parlamentskammer, werden 60 der 80 Abgeordneten ebenfalls nach dem Verhältniswahlrecht direkt gewählt; dabei werden die für die Nationalversammlung abgegebenen Stimmen zugrunde gelegt. 18 chiefs und zwei Behindertenvertreter werden von speziellen Gremien gewählt.

Wahlberechtigt ist jeder mindestens 18 Jahre alte Bürger Simbabwes, der sich in seinem Wahlkreis in das Wählerregister hat eintragen lassen.

Präsidentschaftswahl

Kandidaten

Emmerson Mnangagwa

Nach dem Putsch im November 2017 nominierte die regierende ZANU-PF Staatspräsident Emmerson Mnangagwa als ihren Präsidentschaftskandidaten.[6] Der etwa 75-jährige Mnangagwa, ein Veteran des rhodesischen Befreiungskampfes in den 1970ern, gilt als gewiefter Machtpolitiker und langjähriger politischer Weggefährte des aus dem Amt gedrängten Präsidenten Mugabe. Seine politische Schläue brachte ihm den Spitznamen „das Krokodil“ ein. Als früherer Geheimdienstchef soll er für gewalttätige Ausschreitungen gegen Oppositionsanhänger bei den Wahlen 2008 verantwortlich gewesen sein.[7]

Die größte Oppositionspartei MDC nominierte nach dem Tod ihres bisherigen Parteiführers Morgan Tsvangirai am 14. Februar 2018 Nelson Chamisa als ihren Kandidaten.[8] Der 40-jährige Chamisa, der schon in verhältnismäßig jungen Jahren Abgeordneter und Minister wurde, musste sich in seine Führungsrolle erst einfinden. Seine Anhängerschaft fand er insbesondere unter jüngeren Wählern. Die Art und Weise seiner Führungsübernahme im MDC nach dem Tod Tsvangirais blieb nicht unumstritten, so dass sich eine Splitterfraktion des MDC abspaltete und mit Thokozani Khupe einen eigenen Präsidentschaftskandidaten aufstellte. Chamisa gelang es nicht, eine gemeinsame Front der Oppositionsparteien gegen die ZANU-PF auf die Beine zu stellen.[9]

Der Zusammenschluss von neun Parteien unter dem Namen Coalition of Democrats (CODE) nominierte im Oktober 2017 Elton Mangoma von der Partei Renewal Democrats of Zimbabwe als Präsidentschaftskandidaten.[10]

Insgesamt bewarben sich 23 Politiker um das Amt.[11]

Ex-Präsident Robert Mugabe erklärte in einer Rede am Vortag der Wahl, dass er nicht für Mnangagwa stimmen werde, nachdem er durch „die Partei, die er gegründet habe“, aus dem Amt gedrängt worden sei. Man könne nicht „für seine Peiniger stimmen“. Nelson Chamisa sei der einzige Oppositionskandidat mit realistischen Erfolgschancen.[12]

Meinungsumfragen

QuelleErhebungBefragteEmmerson Mnangagwa
(ZANU-PF)
Nelson Chamisa
(MDC-T)
SonstigeNoch unentschieden
Afrobarometer[13]25. Juni–6. Juli 20182.40040 %37 %3 %20 %
Afrobarometer[14]28. April–13. Mai 20182.39942 %31 %26 %

Allgemeine Stimmung im Vorfeld der Wahlen

Nach einer zwischen dem 28. April und 13. Mai 2018 unter 2400 Personen durchgeführten Meinungsumfrage des parteiunabhängigen Afrobarometers stimmten etwa 40 % der Befragten der Aussage zu, dass die Intervention des Militärs im Vorjahr mit der folgenden Absetzung Präsident Mugabes richtig gewesen sei. Weitere 40 % stimmten der Aussage zu, dass diese Aktion zwar falsch, aber politisch notwendig gewesen sei. 70 % lehnten eine Militärherrschaft ab und meinten, dass sich das Militär aus der Politik heraushalten solle.

85 % der Befragten erklärten, dass sie sich für die kommenden Wahlen registriert hätten, was eine hohe Wahlbeteiligung erwarten ließ. Die Zustimmung zur biometrischen Wählererfassung war dabei hoch (90 %). Das Misstrauen hinsichtlich der Validität des Wahlprozesses war jedoch ebenfalls vergleichsweise hoch. 44 % der Wähler rechneten damit, dass ein inkorrektes Wahlergebnis bekanntgegeben würde, je etwa 30 % äußerten die Vermutung, dass einflussreiche Personen Wahlbetrug begehen könnten und dass das Wahlgeheimnis nicht vollständig gewahrt bliebe. 30 % hielten es für eher wahrscheinlich, dass die eigene Stimmabgabe nicht gezählt würde. Etwa 80 % begrüßten die Anwesenheit von ausländischen Wahlbeobachtern. In Bezug auf die Wahlintentionen erklärten 42 %, die ZANU-PF wählen zu wollen, 30 % waren für MDC-T Chamisa, sowie 1 % für die MDC Alliance. 27 % waren unentschlossen oder beantworteten diese Frage nicht. Die ZANU-PF hatte ihre Anhänger vor allem unter ländlichen Wählern. In den Städten dominierte die Opposition.[15]

Ergebnisse

Die ersten Ergebnisse der Wahl bezogen sich auf die Wahlbeteiligung. In der Hauptstadt Harare betrug sie ca. 70 Prozent, während in den übrigen Landesteilen die Wahlbeteiligung etwas höher bei ca. 75 Prozent lag.[16] Chamisa erklärte sich am 31. Juli 2018 zum Sieger der Präsidentschaftswahl, obwohl noch keine Ergebnisse veröffentlicht worden waren.[17]

Ergebnis der Präsidentschaftswahl

Am 3. August 2018 gab die Simbabwische Wahlkommission bekannt, dass der amtierende Präsident Mnangagwa die Wahl mit knapp über 50 Prozent der Stimmen gewonnen hätte. Am 17. August 2018 wurde ein leicht angepasstes offizielles Wahlergebnis veröffentlicht. Demnach verlor Mnangagwa knapp 4500 Stimmen, Chamisa gewann knapp 4500 weitere hinzu.[18] Damit erhielt Mnangagwa 50,67 % der Stimmen, Chamisa 44,39 %.

Mehrheiten bei der Präsidentschaftswahl nach Provinzen:
Mehrheit für Mnangagwa
Mehrheit für Chamisa
Offizielle Ergebnisse der Präsidentschaftskandidaten[19][20]
KandidatParteiStimmenProzent
Emmerson MnangagwaZANU-PF2.456.01050,67 %
Nelson ChamisaMDC Alliance2.151.92744,39 %
Thokozani KhupeMovement for Democratic Change – Tsvangirai45.6260,94 %
Joseph Makamba BushaFreeZim Congress17.5400,36 %
Nkosana MoyoAlliance for People’s Agenda15.1720,31 %
Evaristo ChikangaRebuilding Zimbabwe Party13.1320,27 %
Joice MujuruPeople’s Rainbow Coalition12.8230,26 %
Kwanele HlabanganaRepublican Party9.4600,20 %
Blessing KasiyamhuruZimbabwe Partnership for Prosperity7.0160,14 %
Willard MugadzaBethel Christian Party5.8980,12 %
Peter WilsonDemocratic Opposition Party4.8950,10 %
Peter MunyanduriNew Patriotic Front4.4980,09 %
Divine Mhambi-HoveNational Alliance of Patriotic and Democratic Republicans4.4050,09 %
Ambrose MutinhiriNational Patriotic Front4.1070,08 %
Daniel ShumbaUnited Democratic Alliance3.9050,08 %
Peter GavaUnited Democratic Front2.8580,06 %
Brian Mteki- Unabhängiger -2.7320,06 %
Lovemore MadhukuNational Constitutional Assembly2.6920,06 %
Noah Ngoni ManyikaBuild Zimbabwe Alliance2.6810,06 %
Elton MangomaCoalition of Democrats2.4310,05 %
Melbah Dzepasi#1980 Freedom Movement Zimbabwe1.8900,04 %
Violet MariyachaUnited Democracy Movement1.6730,03 %
Peter Gaya MapfumoUnited Democratic Front1.5460,03 %
Gültige Stimmen4.774.91798,51 %
Ungültige Stimmen72.3161,49 %
Stimmen insgesamt4.847.233100,00 %

Chamisa legte nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse Beschwerde beim Verfassungsgericht wegen eines angeblich falschen Wahlergebnisses ein. Damit verzögerte sich die offizielle Bekanntgabe des gewählten Präsidenten um weitere 14 Tage.[21] Chamisas Einspruch wurde am 24. August abgewiesen.[22] Laut einstimmigem Richterbeschluss hatte es Chamisa nicht vermocht, Beweise für eine fehlerhafte Stimmenauszählung vorzulegen; auch konnte wegen eines Formfehlers kein anderer Beschluss erfolgen.[23] Am 26. August 2018 wurde Mnangagwa in einer öffentlichen Zeremonie vereidigt.[24]

Nationalversammlung

Gewonnene Wahlkreise:
ZANU-PF 145
MDC Alliance 63
NPF 1
Unabhängige 1
Zusammensetzung des neu gewählten Abgeordnetenhauses:
ZANU-PF 180
MDC Alliance 87
NPF 1
Unabhängige 1


Am 1. August 2018 wurden erste Ergebnisse der Wahl zur Nationalversammlung verkündet. Demnach gewann die ZANU-PF mit 145 Sitzen eine Zwei-Drittel-Mehrheit und die MDC Alliance erhielt 63 Sitze. Daraufhin kam es zu Unruhen von Oppositionellen, die der Wahlkommission Wahlbetrug vorwarfen. Polizei und Armee gingen gewaltsam gegen die Proteste vor, die Armee erschoss sechs Demonstranten.[25][26] ZANU-PF hatte ihre Hochburgen auf dem Land, die MDC Alliance in den beiden großen Städten, wo sie 39 der 41 Sitze gewann.

60 Frauen erhielten über die Parteienlisten entsprechend dem Sitzanteil der Parteien ein Abgeordnetenmandat.[27]

Ergebnisse der Parlamentswahl[Anm. 1]
ParteiStimmenStimmenanteil
in %
Parlamentssitze
Wahl-
kreise
FrauenGesamtVeränderung
zu 2013
ZANU-PF2.449.17452,01 %14535180 17
MDC Alliance1.644.84134,93 %632487 16
MDC–Tsvangirai (Khupe)143.7043,05 %011(neu)
People’s Rainbow Coalition62.3031,32 %00
National Patriotic Front49.5331,05 %11 1
Sonstige Parteien118.1222,51 %00 1
Unabhängige241.5725,13 %11 1
Ungültige Stimmen
Gesamt4.709.249210602700
Registrierte Wähler/Wahlbeteiligung
Quelle: Wahlkommission Simbabwes[28]
In den Wahlkreisen gewählte Abgeordnete nach Provinzen[29]
ProvinzZANU-PFMDC AllianceNPFUnabhängige
Bulawayo11100
Harare12800
Manicaland19700
Mashonaland Central18000
Mashonaland East21200
Mashonaland West18301
Masvingo25100
Matabeleland North8500
Matabeleland South12100
Midlands22510

Senat

Von den 60 durch allgemeine Wahl vergebenen Mandaten fielen 34 an die ZANU-PF, 25 an die MDC Alliance und eines an die MDC-T.[30]

Rezeption

EU-Wahlbeobachter stuften die Wahlen wegen der Bevorzugung der ZANU-PF in den Massenmedien als „frei, aber nicht fair“ ein.[31]

Einzelnachweise