Tetryl

chemische Verbindung

Tetryl (N-Methyl-N-2,4,6-tetranitroanilin) ist eine energiereiche aromatische Nitroverbindung. Der Stoff aus der Gruppe der Nitramine hatte früher zur Herstellung von Sprengzündern große Bedeutung, ist heute jedoch weitgehend durch besser geeignete Verbindungen ersetzt.

Strukturformel
Struktur von Tetryl
Allgemeines
NameTetryl
Andere Namen
  • CE
  • N-Methyl-N-2,4,6-tetranitroanilin
  • Trinitrophenylmethylnitramin
  • Methylpikrylnitramin
  • Tetralit
SummenformelC7H5N5O8
Kurzbeschreibung

gelbliche monokline geruchlose Kristalle[1][2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer479-45-8
EG-Nummer207-531-9
ECHA-InfoCard100.006.848
PubChem10178
ChemSpider9770
WikidataQ409753
Eigenschaften
Molare Masse287,15 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,57 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

129,4 °C[2]

Siedepunkt

187 °C Zersetzung[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[2]
GefahrensymbolGefahrensymbolGefahrensymbol

Gefahr

H- und P-SätzeH: 201​‐​331​‐​311​‐​301​‐​373
P: 210​‐​303+361+353​‐​305+351+338​‐​361​‐​405​‐​501[4]
MAK
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Gewinnung und Darstellung

Tetryl lässt sich durch Nitrierung von Methylanilin oder Dimethylanilin in Gegenwart von Schwefelsäure erhalten.[6] Geeigneter ist die Herstellung aus Dinitromethylanilin, das durch Kondensation von Methylamin und 2,4-Dinitrochlorbenzol zugänglich ist. Die Nitrierung von 2,4-Dinitromethylanilin in Dichlorethan mit einer Mischung von Salpeter- und Schwefelsäure ergibt gute Tetryl-Ausbeuten.

Eigenschaften

Tetryl bildet im reinen Zustand fast farblose Kristalle, die sich im Licht schnell hellgelb färben. Das technische Produkt ist intensiv gelb. Die Verbindung schmilzt bei 129,5 °C mit einer Schmelzenthalpie von 22,93 kJ·mol−1.[7] Es reagiert mit wässrigem Basen unter Abspaltung der Methylnitramingruppe. Deshalb können restliche Säurespuren im Rohprodukt nur durch sorgfältige Umkristallisation entfernt werden.

Tetryl ist in Wasser unlöslich, wenig löslich in Ethanol und Diethylether, besser löslich in Aceton oder Benzol.[6] Die Schmelze besitzt einen Flammpunkt von 150 °C.[8] Es reizt die Atemwege und verursacht Sensibilisierung, Kontaktdermatitis und Gelbfärbung der Haut.

Explosionskenngrößen

Die Verbindung ist im trockenen Zustand durch Schlag, Reibung, Wärme und andere Zündquellen besonders explosionsgefährlich[8] und fällt im Umgang unter das Sprengstoffgesetz.[9] Wichtige Explosionskennzahlen sind:

Tabelle mit wichtigen explosionsrelevanten Eigenschaften:
Sauerstoffbilanz−47,4 %[6]
Stickstoffgehalt24,39 %[6]
Normalgasvolumen939 l·kg−1[6]
Explosionswärme4251 kJ·kg−1 (H2O (l))
4153 kJ·kg−1 (H2O (g))[6]
Spezifische Energie1213 kJ·kg−1 (123,7 mt/kg)[6]
Bleiblockausbauchung41,0 cm3·g−1[6]
Detonationsgeschwindigkeit7850 m·s−1[6]
StahlhülsentestGrenzdurchmesser 6 mm[6]
Schlagempfindlichkeit3 Nm[6]
Reibempfindlichkeit353 N Stiftbelastung Reaktion[6]
Explosionstemperatur180–190 °C[8]
Verpuffungspunkt185–195 °C[8]

Die Kinetik der thermischen Zersetzung wurde im Temperaturbereich von 211 °C und 2604 °C für die Schmelze untersucht.[10] Der Zersetzungsverlauf kann mit einem Zeitgesetz erster Ordnung beschrieben werden. Die Aktivierungsenergie beträgt 160,77 kJ·mol−1, der Arrheniusfaktor 2,51·1015 s−1.[10]

Verwendung

Tetryl wurde hauptsächlich für Detonatoren, Sprengkapselfüllungen, Zwischenzündladungen und Sprengschnüre verwendet. Es war in der erstarrten Schmelze mit TNT der erste hochbrisante Sprengstoff, der im Ersten Weltkrieg zuerst von Deutschland als Ladung in Artilleriegeschossen und Torpedos eingesetzt wurde. Die Substanz ist heute durch Hexogen und Pentrit ersetzt worden, weil diese neben einer etwas größeren Brisanz auch weniger toxisch bei billigerer Herstellung sind, obwohl beide geringfügig schlagempfindlicher sind.

Einzelnachweise

Literatur

  • Kast: Zeitschr. Ges. Sch. Spr. 445 (1912)
  • C. J. Bain: Army Ordnance. 6, 435 (1926)
  • G. Desseigne: Mém. Poudres. 28, 1938, S. 156–170.
  • R. C. Elderfield: Study of the British Continuous Tetryl Process. Rept. 661, OSRD (1942)
  • J. Issoire, G. Burlet: Mém. Poudres. 39, 1957, S. 65–95, 40, 1958, S. 47–76.
  • Brit. Pat. 919,717 (Feb. 27, 1963; U.S. Appl.- Aug. 17, 1959, 9pp, U.S. Rubber Co.)
  • T. Urbanski: Chemistry and Technology of Explosives. Vol. 3, Pergamon Press, New York 1967, S. 40.
  • U.S. Military Spec. T-338C, USGPO, (1971)
  • A. Stettbacher: Die Schieß- und Sprengstoffe. 2. Auflage. Leipzig 1933.