Stiftsbasilika Waldsassen

Zisterzienser-Klosterkirche

Die Stiftsbasilika Waldsassen in dem bayerischen Ort Waldsassen wurde von 1685 bis 1704 als Klosterkirche der Zisterzienserinnen der Abtei Waldsassen erbaut. Das Kloster ist der Jungfrau Maria geweiht. Mittlerweile ist die Kirche auch Pfarrkirche, unter dem Patrozinium Mariä Himmelfahrt und St. Johannes Evangelist. Die Stiftsbasilika gehört zu den bedeutendsten Barockkirchen im süddeutschen Raum.[1]

Stiftsbasilika Waldsassen
Stiftsbasilika Waldsassen

Baugeschichte

Das Zisterzienserkloster Waldsassen wurde 1132/1133 gegründet.[2] 1179 wurde ein erster Kirchenbau eingeweiht, der die Merkmale zisterziensischer Bauweise aufweist: Es handelte sich um eine dreischiffige Basilika ohne Turm.[3]

Nachdem sich in den pfälzischen Territorien der protestantische Glaube durchgesetzt hatte, wurde das Kloster Waldsassen 1556 aufgelöst. Als das Land später an den katholischen bayerischen Kursfürsten Maximilian I. gefallen war, folgte die Rekatholisierung und 1661 kamen erste Zisterzienser aus Fürstenfeld nach Waldsassen. Ab 1681 entstand ein barocker Neubau des Klosters und der Klosterkirche.[4] 1685 wurde der Grundstein für die neue Kirche gelegt, vier Jahre später mit den Bauarbeiten begonnen.[3]

Bedeutende Kirchenbaumeister wie Georg Dientzenhofer und Abraham Leuthner schufen mit dieser Pfeilerbasilika eine der bemerkenswertesten Barockkirchen Bayerns. An der Ausstattung waren Künstler aus ganz Europa beteiligt. Die Fertigstellung des Baus erfolgte unter Abt Albert Hausner. Die Kirche wurde 1704 von Weihbischof Franz Ferdinand von Rummel geweiht. Bei der Säkularisation im Jahre 1803 wurde die Klosterkirche der katholischen Gemeinde als Pfarrkirche übergeben. Am 18. Dezember 1863 wurde das Kloster als Priorat der Zisterzienserinnen von Bischof Ignatius von Senestrey in Regensburg neu gegründet und von Zisterzienserinnen der Abtei Seligenthal in Landshut wiederbesiedelt. 1969 erhob Papst Paul VI. die Stiftskirche zur Basilica minor.

Architektur und Ausstattung

Der Kirchenraum hat eine Gesamtlänge von 82 Metern. Das Hauptschiff ist mit Kapellen und Emporen ausgestattet. Vorbild waren die Prager Architektur und für das Gewölbe der Passauer Dom.[5] Im Nonnenchor befindet sich ein reich gestaltetes Chorgestühl. Kostbare Stuckaturen von Martin Hirsch zieren den gesamten Innenraum. Die Deckenfresken im Chor zeigen Szenen der überlieferten Gründungsgeschichte des Klosters Waldsassen. Unter dem Kirchenschiff befindet sich eine Krypta. Neben den historischen Darstellungen findet sich auch ein Zyklus, der biblische Themen vornehmlich aus dem Neuen Testament darstellt. An der Decke des Langhauses sind Szenen aus dem Leben Jesu dargestellt. Geschaffen wurden die Fresken vom Prager Maler Johann Jakob Steinfels. Im Kuppelfresko ist Maria dargestellt, die ihren Mantel über zahlreiche Heilige ausbreitet. Am nördlichen Marienaltar findet sich ein Altarbild von Johann Andreas Wolff, das die Himmelfahrt Mariens darstellt.[6]

Die Basilika ist im Besitz von zwölf reich geschmückten Reliquien sogenannter Katakombenheiliger, von denen zehn Ganzkörperreliquien sind, die sich im Hauptschiff der Basilika befinden. Sie stammen aus den Katakomben Roms und wurden zwischen 1707 und 1765 von Adalbert Eder, einem Laienbruder des Zisterzienserinnenklosters, verziert. Diese Reliquiensammlung ist die größte ihrer Art.[7][8] Am ersten Sonntag im August wird jährlich das sogenannte „Heilige-Leiber-Fest“ gefeiert, um die Reliquien zu verehren.[9]

Orgeln

Hauptorgel der Stiftsbasilika

Bereits um 1540 war ein Orgelneubau verzeichnet. Christoph Egedacher schuf 1698 eine neue Orgel. Den heutigen Prospekt schuf Konrad Brandenstein bei Umbauarbeiten. 1914 erbaute Martin Binder in der Regensburger Werkstätte eine dreimanualige Orgel, die 1976 durch ein Werk von Eugen Pfaff (Überlingen) nach einem Dispositionsentwurf von Rudolf Walter abgelöst wurde.[10]

Die Orgel mit 7720 Pfeifen wurde mehrmals umgebaut und erweitert. 1989 erhielt sie unter Georg Jann ihre derzeitige Gestalt. Von 1999 bis 2016 betreute Orgelbau Hörl die Orgel. 2017/2018 führte Orgelbau Mühleisen im Rahmen der Innenraumsanierung der Kirche eine Generalreinigung und behutsame Nachintonation durch.[11] Das Instrument ist die zweitgrößte Orgelanlage der Diözese Regensburg.

Hauptorgel (Marienorgel)

I Rückpositiv C–c4
1.Holzgedackt8′
2.Gemshorn8′
3.Prästant4′
4.Rohrflöte4′
5.Sesquialter II223
6.Doublette2′
7.Sifflet113
8.None89
9.Scharff IV1′
10.Holzregal16′
11.Cromorne8′
Tremulant
II Hauptwerk C–c4
12.Principal16′
13.Prästant8′
14.Holzflöte8′
15.Flûte harmonique8′
16.Salicional8′
17.Oktave4′
18.Blockflöte4′
19.Nasard223
20.Oktave2′
21.Kornett V8′
22.Rauschpfeife III223
23.Mixtur V113
24.Trompete16′
25.Trompete8′
26.Clairon4′
III Schwellwerk C–c4
27.Bourdon16′
28.Principal8′
29.Copula8′
30.Gambe8′
31.Schwebung8′
32.Oktave4′
33.Traversflöte4′
34.Gambetta4′
35.Nasard223
36.Waldflöte2′
37.Terz135
38.Flöte1′
39.Mixtur IV–V2′
40.Zimbel III23
41.Fagott16′
42.Trompette harmonique8′
43.Oboe8′
44.Clairon4′
Tremulant
Cymbelstern
Pedal C–g1
45.Principal32′
46.Prästant16′
47.Subbaß16′
48.Violon16′
49.Quinte1023
50.Oktavbaß8′
51.Gedacktbaß8′
52.Oktave4′
53.Nachthorn4′
54.Bauernpfeife2′
55.Sesquialter II223
56.Hintersatz V223
57.Bombarde32′
58.Posaune16′
59.Zinke8′
60.Clarine4′

Chororgel

IV Hauptwerk

(Epistelseite) C–c4


61.Principal8′
62.Holzflöte8′
63.Rohrflöte8′
64.Oktave4′
65.Nachthorn4′
66.Nasard223
67.Superoktave2′
68.Feldpfeife2′
69.Terz135
70.Mixtur VI113
71.Dulcian16′
Tremulant


IV Schwellwerk

(Evangelienseite) C–c4


72.Gedackt8′
73.Viola4′
74.Koppelflöte4′
75.Principal2′
76.Scharff IV1′
77.Fagottregal16′
78.Schalmey8′
Tremulant
Glockenspiel
V Fernwerk C–c4
79.Zartgedackt16′
80.Doppelgedackt8′
81.Gambe8′
82.Violine I8′
83.Violine II8′
84.Viola4′
85.Flûte Octaviante4′
86.Nasard223
87.Octavin2′
88.Harmonia aetherea III–IV223
89.Voix humaine8′
Tremulant
Carillon
VI Chamadewerk C–c4
90.Trompeta magna16′
91.Trompeta real8′
92.Trompeta quinta513
93.Clairon4′
94.Kornett III–V


Pedal C–g1
95.Offenbaß16′
96.Subbaß16′
97.Oktavbaß8′
98.Baßflöte4′
99.Hohlflöte4′
100.Posaune16′
101.Trompete8′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: I/II, III/I, III/II, IV HW/I, IV SW/I, IV HW/II, IV SW/II, IV HW/III, IV SW/III, V/I, V/III, V/IV, VI/I, VI/II, VI/IV, VI/V, I/P, II/P, III/P, IV HW/P, IV SW/P, V/P, VI/P
    • Suboktavkoppeln: III/I, III/II, III/III
    • Superoktavkoppeln: V/I, V/II, V/III, V/IV, V/V
  • Spielhilfen: 3200 elektronische Setzerkombinationen, 10 programmierbare Crescendi, IV ab

Orgelpositiv

Das Orgelpositiv wurde nach einer innenliegenden Aufschrift am 16. März 1802 von dem böhmischen Orgelbauer Josef Gartner aus Tachau für die Steinbergkirche erbaut. 1975 war es nur noch eine Ruine ohne Pfeifen und Windwerk. Die Firma Rieger restaurierte es rekonstruktiv.[12]

Überlieferte Disposition

Manual C–
1.Copula major8′
2.Copula minor4′
3.Principal2′
4.Quinte113
5.Oktav1′

Heutige Disposition

Manual C–
1.Gedackt8′
2.Holzrohrflöte4′
3.Prinzipal2′
4.Quinte113
5.Oktävlein1′
Orgelpositiv

Glocken

In den beiden Türmen der Klosterkirche hängen sechs Glocken. Die ältere Glocke stammt von Johann Joseph Perner aus Pilsen/Tschechien, dem Gründer der Glockengießerfamilie Perner. Die anderen Glocken wurden von der Glockengießerei Otto aus Bremen-Hemelingen gegossen.[13][14] Die große Glocke hängt im Nordturm, alle anderen befinden sich im Südturm.

GlockeNameGussjahrGießer, GussortDurchmesserMasseSchlagton
1Dreifaltigkeitsglocke1948Glockengießerei Otto, Bremen-Hemelingen1743 mm3300 kgb0
2Reliquienglocke1948Glockengießerei Otto, Bremen-Hemelingen1473 mm1990 kgdes1
3Bernhardiglocke1718Johann Josef Perner, Pilsen1442 mm1900 kges1
4Marienglocke1948Glockengießerei Otto, Bremen-Hemelingen1156 mm980 kgf1
5Josefsglocke1948Glockengießerei Otto, Bremen-Hemelingen974 mm575 kgas1
6Michaelsglocke1948Glockengießerei Otto, Bremen-Hemelingen869 mm415 kgb1

Des Weiteren befindet sich im Dachreiter über dem Bibliotheksaal eine weitere Glocke:

NameGussjahrGießer, GussortDurchmesserMasseSchlagton
Gebetsglocke2005Glockengießerei Rudolf Perner, Passauf2

Panorama

Panorama des Innenraums

Literatur

  • Verein für Regensburger Bistumsgeschichte (Hrsg.): Waldsassen: 300 Jahre Barockkirche. Regensburg 2004.
  • Bärbel Köpplin, Gregor Peda: Stiftsbasilika Waldsassen. Hrsg.: Stadtpfarramt Waldsassen. Neuauflage. Kunstverlag Peda, Passau 2004, ISBN 3-89643-564-7.

Einzelnachweise

Commons: Interiors of Stiftsbasilika Waldsassen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

50° 0′ 14,9″ N, 12° 18′ 33,3″ O