Regierung Wilmès II

Die Regierung Wilmès II war eine begrenzte Kompromisslösung während der COVID-19-Pandemie in Belgien. Sie amtierte vom 19. März 2020 bis zum 1. Oktober 2020. Sie folgte auf die Regierung Wilmès I, die nur geschäftsführend im Amt war, und personell mit ihr identisch ist und wurde am 1. Oktober 2020 abgelöst durch die Regierung De Croo.[1]

Sitz der Föderalregierung in der Wetstraat/Rue de la loi in Brüssel

Vorgängerregierungen

Die letzte gewählte Regierung Michel I unter Ministerpräsident Charles Michel war 9. Dezember 2018 zurückgetreten, nachdem im Streit über die belgische Anerkennung des UN-Migrationspakts die flämischen Nationalisten der N-VA aus der Regierung ausgetreten waren. Die neugeformte „blau-orange“ Regierung Michel II setzte sich aus dem wallonischen liberalen MR, der flämischen liberalen Open Vld sowie der flämischen christdemokratischen CD&V zusammen, hatte jedoch keine parlamentarische Mehrheit. Vor einem von den Sozialisten und Grünen beantragten Misstrauensvotum trat die Regierung bereits am 18. Dezember 2018 zurück und war seither geschäftsführend im Amt.[2]

Daran änderten auch die Parlamentswahlen vom 26. Mai 2019 nichts, da die drei Parteien der Minderheitsregierung keine Mehrheit hatten und zahllose Versuche einer Regierungsbildung scheiterten.

Bevor Charles Michel zum 1. Dezember 2019 das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates antrat, kündigte er am 26. Oktober 2019 seinen Rücktritt an. Auf seinen Vorschlag wurde die vormalige Haushaltsministerin Sophie Wilmès am 27. Oktober 2019 vom König zur neuen geschäftsführenden Ministerpräsidentin ernannt.[3]

Die Regierung Wilmès I war weitgehend deckungsgleich mit der Vorgängerregierung Michel II und blieb geschäftsführend im Amt, während weitere Vermittlungsversuche zur Bildung einer neuen Regierung scheiterten.

Regierungsbildung

Parlamentarische Grundlage der Regierung Wilmès II, mit den drei Parteien, die die Minister stellen und zuvor die Minderheitsregierung Wilmès-I gebildet haben, in vollen Farben; und schraffiert die sechs Parteien, die der Krisenregierung zugestimmt haben

Zuletzt wurden von König Philippe am 19. Februar 2020 die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern und liberalen Politiker Patrick Dewael (Vorsitzender der Kammer) und Sabine Laruelle (Vorsitzende des Senats) mit einer neuen Vermittlungsmission beauftragt.[4] Durch die aufkommende COVID-19-Pandemie wurde der Ruf nach einer handlungsfähigen Krisenregierung stärker. Nach einigen Querelen einigten sich neun Parteien darauf, die Regierung Wilmès I für eine Übergangszeit zu bestätigen.

Am 16. März 2020 erteilte Philippe Wilmès den Auftrag zur Regierungsbildung, und bereits am 17. März 2020 wurde die Regierung Wilmès II vereidigt, die personell mit der vorhergehenden Regierung Wilmès I identisch ist. Am 19. März 2020 erhielt die Regierung mit 84 zu 44 Stimmen ohne Enthaltung das Vertrauen der belgischen Abgeordnetenkammer, bei 22 abwesenden Abgeordneten.[5] Jedoch wurde diese Krisenregierung auf sechs Monate befristet. Wilmès versprach in ihrer Regierungserklärung, eine "loyale Partnerin" zu sein und musste zusagen, nach sechs Monaten die Vertrauensfrage zu stellen, und sich bis dahin ausschließlich um die Corona-Pandemie sowie deren wirtschaftliche und finanzielle Auswirkungen zu kümmern.[6] Im Gegenzug wurden ihr am 26. März außergewöhnliche Ermächtigungen für diese Zeit gewährt, die es ihr erlaubten, per Dekret ("Arrêté/Besluit") zu regieren, unter der Kontrolle einer speziell gebildeten Parlamentskommission und dem Vorbehalt einer späteren parlamentarischen Zustimmung.[7]

Zusammensetzung

Die Regierung ist identisch mit der vorhergehenden geschäftsführenden Regierung Wilmès I und besteht aus sieben Ministern – darunter die Premierministerin – der wallonischen liberalen MR und jeweils drei Vertretern der flämischen liberalen Open Vld sowie der flämischen christdemokratischen CD&V.[6]

AmtNameParteiAmtszeit
Premierministerin
zuständig für Beliris und föderale Kulturinstitutionen
Sophie Wilmès
MRseit 19. März 2020
Vizepremierminister
Europäische Angelegenheiten
Justiz
zuständig für Gebäudewirtschaft
Koen GeensCD&Vseit 19. März 2020
Vizepremierminister
Finanzen, Entwicklungshilfe
zuständig für Bekämpfung von Steuerbetrug
Alexander De CrooOpen VLDseit 19. März 2020
Vizepremierminister
Haushalt und Öffentlicher Dienst
zuständig für die Nationallotterie und Wissenschaftspolitik
David ClarinvalMRseit 19. März 2020
Äußeres und Verteidigung Philippe GoffinMRseit 19. März 2020
Sicherheit und Inneres
zuständig für den Außenhandel
Pieter De CremCD&Vseit 19. März 2020
Soziales, Gesundheit, Asyl und Migration Maggie De BlockOpen VLDseit 19. März 2020
Renten Daniel BacquelaineMRseit 19. März 2020
Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit Marie-Christine MarghemMRseit 19. März 2020
Mobilität
zuständig für Skeyes (vormals Belgocontrol) und die NMBS/SNCB
François BellotMRseit 19. März 2020
Mittelstand, Selbständige, kleinere und mittlere Unternehmen, Landwirtschaft und gesellschaftliche Integration
zuständig für Großstädte
Denis Ducarme
MRseit 19. März 2020
Digitale Agenda, Telekommunikation und Post
zuständig für Verwaltungsvereinfachung, Bekämpfung von Sozialbetrug, Datenschutz und die Nordsee
Philippe De BackerOpen VLDseit 19. März 2020
Beschäftigung, Wirtschaft und Verbraucherschutz
zuständig für Armutsbekämpfung, Chancengleichheit und Behinderte
Nathalie Muylle
CD&Vseit 19. März 2020

Einzelnachweise