Präsidentschaftswahl in Brasilien 2022

politische Wahl

Die Präsidentschaftswahl in Brasilien 2022 fand im Oktober 2022 statt. Der erste Wahlgang wurde am 2. Oktober im Rahmen der Wahlen in Brasilien 2022 abgehalten. Am 30. Oktober wurde eine Stichwahl durchgeführt, weil kein Kandidat im ersten Wahlgang mehr als 50 % der gültigen abgegebenen Stimmen (Absolute Mehrheit) erhalten hatte. Den zweiten Wahlgang bestritten der ehemalige Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, Partido dos Trabalhadores (PT) und der aktuelle Amtsinhaber Jair Bolsonaro, Partido Liberal (PL) am 30. Oktober. Diesen gewann Lula mit 50,90 % der gültigen Stimmen vor Bolsonaro, der 49,10 % erreichte.

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Präsidentschaftswahl in Brasilien
2. Oktober 2022 (1. Wahlgang)
30. Oktober 2022 (2. Wahlgang – Stichwahl)
2. Wahlgang
Vorläufiges amtl. Endergebnis, Auszählung: 100 % der Urnen[1]
PT
Luiz Inácio Lula da Silva
Stimmen60.345.999
  
50,90 %
2. Wahlgang
Vorläufiges amtl. Endergebnis, Auszählung: 100 % der Urnen[1]
PL
Jair Bolsonaro
Stimmen58.206.354
  
49,10 %
Gewonnene Bundesstaaten mit Bundesdistrikts
(2. Wahlgang)
Aufteilung
Aufteilung
Staatspräsident der Föderativen Republik Brasilien

Bei keiner vorherigen brasilianischen Präsidentschaftswahl war der Wahlausgang enger.[2] Zwei Tage nach der Wahl sagte Bolsonaro, dass er gemäß der Verfassung handeln werde. Er sprach aber nicht explizit an, dass er die Wahl verloren hat. Nach dem knappen Wahlsieg Lulas kamen Befürchtungen über einen möglichen Militärputsch auf, den einige Anhänger Bolsonaros gefordert hatten. Am 11. November 2022 schlossen Militärsprecher einen Putsch aus.[3]

Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung am 1. Wahltag wurde vom Tribunal Superior Eleitoral (TSE) mit 123.679.629 abgegebenen Stimmen verzeichnet, von denen 118.227.018 Stimmen gültig waren.[1] Es beteiligten sich 79,05 % der Wahlberechtigten, 20,95 % waren Nichtwähler. 5.452.611-mal war das Ergebnis der elektronischen Wahlurnen ungültig (Null oder Branco). Bei der Stichwahl am 30. Oktober 2022 wurden 118.552.353 gültige Stimmen abgegeben.

Laut Umfragen wählten insbesondere schwarze evangelikale Menschen und insgesamt mehr als ein Drittel der BIPoC (Black, Indigenous and People of Colour) Bolsonaro im ersten Wahlgang.[4]

Wurde Bolsonaro im zweiten Wahlgang vor allem in Gegenden, in denen finanziell Bessergestellte leben, gewählt, wurde Lula in Regionen gewählt, die von finanzschwachen Bevölkerungen dominiert sind.[2]

Präsidentschaftskandidaten 1. Wahlgang

Erstmals war die aus der Fusion von Partido Social Liberal (PSL) und Democratas (DEM) neu entstandene Catch-all-Partei União Brasil zur Wahl zugelassen.

Liste der Kandidaten und Vizepräsidentschaftskandidaten
ParteiKandidatBildVizekandidatBildKoalitionAnm.
Jair Bolsonaro
Partido Liberal (PL)

bisheriges Amt:
Präsident (seit 2019)
Walter Braga Netto
bisheriges Amt:
Verteidigungsminister
Pelo Bem do Brasil[5]
(Zum Wohl Brasiliens)
[6][7][8][9][10]
Luiz Inácio Lula da Silva
Partido dos Trabalhadores (PT)

bisheriges Amt:
Präsident
(2003–2011)
Geraldo Alckmin
Partido Socialista Brasileiro (PSB)

bisheriges Amt:
Gouverneur von São Paulo
Brasil da Esperança[11]
(Brasilien der Hoffnung)
[12][13][14]
Ciro Gomes
Partido Democrático Trabalhista (PDT)

bisheriges Amt:
Finanzminister
(1994–1995)
Ana Paula Matos
bisheriges Amt:
Stellvertretende Stadtpräfektin
von Salvador
ohne[15][16]
José Maria Eymael
(„Constituinte Eymael“)
Democracia Cristã (DC)

bisheriges Amt:
Bundesabgeordneter
für São Paulo
João Barbosa Bravo
(„Professor Bravo“)

bisheriges Amt:
Ex-Stadtpräfekt
von São Gonçalo
ohne[17][18]
Soraya Thronicke
União Brasil (UNIÃO)

bisheriges Amt:
Senatorin für Mato Grosso do Sul
(seit 2019)
Marcos Cintra
bisheriges Amt:
Ex-Bundesabgeordneter
für São Paulo
ohne[19][20]
Luiz Felipe d’Avila
Partido Novo (NOVO)

bisheriges Amt:
ohne
Tiago Mitraud
bisheriges Amt:
Bundesabgeordneter
für Minas Gerais
ohne[21][22]
Simone Tebet
Movimiento Democrático Brasileiro (MDB)

bisheriges Amt:
Senatorin für Mato Grosso do Sul
(seit 2015)
Mara Gabrilli
Partido da Social Democracia Brasileira (PSDB)

bisheriges Amt:
Senatorin
für São Paulo
Brasil para Todos
(Brasilien für Alle)
[23][24]
Sofia Manzano
Partido Comunista Brasileiro (PCB)

bisheriges Amt:
ohne
Antonio Alves da Silva ohne[25][26]
Kelmon Souza
(„Padre Kelmon“)
Partido Trabalhista Brasileiro (PTB)
Luiz Cláudio Gamonal
(„Pastor Gamonal“)
ohne[27]
Leonardo Péricles
Unidade Popular (UP)
Samara Martins ohne[28][29][30][31]
Vera Lúcia Salgado
Partido Socialista dos Trabalhadores Unificado (PSTU)
Kunã Yporã Tremembé
(Raquel Tremembé)
ohne[32][33]

Umfrageergebnisse

Am Wahltag (erster Wahldurchgang) lag bei den Umfragen Lula da Silva mit 51 % vor Bolsonaro mit 36 %.[34]

Wahlergebnisse des 1. und 2. Wahlgangs

Partei – NummerKandidatStimmen
1. Wahlgang
%
1. Wahlgang
Stimmen
2. Wahlgang
%
2. Wahlgang
PT – 13Lula da Silva57.259.50448,4360.345.99950,90
PL – 22Jair Bolsonaro51.072.34543,2058.206.35449,10
MDB – 15Simone Tebet04.915.42304,16
PDT – 12Ciro Gomes03.599.28703,04
UNIÃO – 44Soraya Thronicke00.600.95500,51
NOVO – 30Luiz Felipe d’Avila00.559.70800,47
PTB – 14Kelmon Souza00.081.12900,07
UP – 80Leonardo Péricles00.053.51900,05
PCB – 21Sofia Manzano00.045.62000,04
PSTU – 16Vera Lúcia Salgado00.025.62500,02
DC – 27José Maria Eymael00.016.60400,01
Quelle: Tribunal Superior Eleitoral[1]

Einspruch gegen Wahlergebnis durch Verliererpartei

Nach der verlorenen Wahl reichte Präsident Bolsonaro im November 2022 beim obersten Wahlgericht, das das Wahlergebnis zu jener Zeit bereits ratifiziert hatte, Beschwerde gegen das Ergebnis ein, weil laut Auffassung von Bolsonaro und seiner Partei (PL) nicht alle elektronischen Wahlmaschinen einwandfrei funktioniert haben. Bolsonaro hatte es außerdem vermieden, seine Niederlage öffentlich einzuräumen.[35] Noch im selben Monat wies das oberste Wahlgericht den Antrag der PL auf die Überprüfung des Wahlergebnisses mit der Begründung ab, dass die PL keinerlei Beweise für einen angeblichen Betrug vorgelegt hat. Außerdem verhängte das Gericht eine Geldstrafe in Höhe von umgerechnet etwa 4,12 Millionen Euro gegen die Partei, mit der Begründung, dass diese böswillig und unverantwortlich einen Rechtsstreit auslösen und die Justiz damit habe befassen wollen.[36]

Proteste und Aufruhr gegen die Wahlergebnisse

Nach dem Wahltermin kam es zur Bestreitung der Ergebnisse von 2022 durch Bolsonaro und dessen Parteigängern, die vom zuständigen Gericht abgewiesen wurde.

Darüber hinaus kam es auch zu verschiedenen Protestmaßnahmen und schließlich am 8. Januar zu einem Aufruhr im Parlaments- und Regierungsviertel der Hauptstadt Brasilia.[37][38] Unter Anleitung des neuen Staatspräsidenten Lula da Silva gelang es Teilen der Polizeikräfte innerhalb weniger Stunden diese zurückzudrängen.[39]

Commons: Präsidentschaftswahl in Brasilien 2022 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise