Pearson-Symbolik

Kürzel zur Strukturbeschreibung kristalliner Stoffe

Die Pearson-Symbolik wurde von W. B. Pearson zur einfachen Beschreibung kristalliner Allotrope von Metallen und Modifikationen von intermetallischen Verbindungen entwickelt. Sie wurde erstmals 1958 in A Handbook of Lattice Spacing and Structures of Metals and Alloys publiziert.[1]

Die Pearson-Symbolik ist nach dem Schema kGz – die Symbole k und G werden stets kursiv geschrieben – aufgebaut.[2]

SymbolBeschreibung
kKristallfamilie
GZentrierung des Kristallgitters
zAnzahl der Atome in der Elementarzelle

In der Kristallographie dient die Pearson-Symbolik durch Angabe der ersten zwei Symbole – für Kristallfamilie (k) und Zentrierung des Kristallgitters (G) – zur Beschreibung der 14 möglichen Bravais-Gitter. Weiterhin kann sie durch ein angehängtes drittes Symbol z – die Anzahl der Atome in der Elementarzelle – auch zur Identifikation bzw. einfachen Beschreibung kristalliner Allotrope der chemischen Elemente oder kristallinen binären chemischen Verbindungen herangezogen werden. Letzteres wird in der Kristallographie und Materialwissenschaft und Werkstofftechnik auch zur Beschreibung des Strukturtyps angewendet. Beispielsweise lautet das Pearson-Symbol für Kupfer cF4 und für Natriumchlorid cF8.

Symbole der Kristallfamilien und Gitterzentrierungen

Das erste Symbol k beschreibt die Kristallfamilie. Diese entspricht dabei – mit Ausnahme des trigonalen und hexagonalen Kristallsystems, die beide der hexagonalen Kristallfamilie angehören – direkt dem jeweiligen Kristallsystem.

SymbolKristall­familieKristall­systemAnmerkung
atriklin (anorthisch)a = anorthisch
mmonoklin
oortho­rhom­bisch
ttetr­agonal
hhexagonaltrigonal
hexagonal
ckubischc = cubic (englisch)

Das zweite Symbol G beschreibt die Zentrierung des Kristallgitters. Die Basisflächen-Zentrierungen A, B und C wurden 2005 von der IUPAC zum kristallographisch richtungsunabhängigen Symbol S zusammengefasst. Zur Bestimmung der korrekten Raumgruppe sind die Basisflächen-Zentrierungen A, B oder C jedoch nach wie vor zwingend erforderlich.

SymbolGitter­zentrierung
Pprimitiv
Rrhomboedrisch
SAeinseitig flächen- oder basis­flächen­zentriert
B
C
F(allseitig) flächen­zentriert
Iinnen- oder raum­zentriert

Symbole der Bravais-Gitter

Die möglichen Kombinationen aus Kristallfamilie (k) und Gitterzentrierung (G) ergeben die 14 Bravais-Gitter (kG) im dreidimensionalen euklidischen Raum.

Bravais-GitterKristall­familieGitter­zentrierungAnmerkung
aPtriklinprimitiv
mPmonoklinprimitiv
mSbasis­flächen­zentriert= mA oder mB oder mC
oPorthorhombischprimitiv
oSbasis­flächen­zentriert= oA oder oB oder oC
oFflächen­zentriert
oIraum­zentriert
tPtetragonalprimitiv
tIraum­zentriert
hPhexagonalprimitivhexagonales und trigonales Kristallsystem
hRrhombo­edrischnur trigonales Kristallsystem
cPkubischprimitiv
cFflächen­zentriert
cIraumz­entriert

Beschreibung von Allotropen und Verbindungen

Nachfolgend finden sich Beispiele zur Beschreibung der Allotrope der chemischen Elemente und Modifikationen binärer Verbindungen mithilfe der Pearson-Symbolik.

Allotrope der chemischen Elemente
Polonium (Po)
Allo­tropPearson-SymbolRaumgruppe (Nr.)
α-PocP1Pm3mVorlage:Raumgruppe/221 (221)
β-PohR1R3mVorlage:Raumgruppe/166 (166)
Eisen (Fe)
Allo­tropPearson-SymbolRaumgruppe (Nr.)
FerritcI2Im3mVorlage:Raumgruppe/229 (229)
AustenitcF4Fm3mVorlage:Raumgruppe/225 (225)
Modifikationen binärer Verbindungen
Zinksulfid (ZnS)
Modifi­kationPearson-SymbolRaumgruppe (Nr.)
SphaleritcF8F43mVorlage:Raumgruppe/216 (216)
WurtzithP4P63mcVorlage:Raumgruppe/186 (186)
Titan(IV)-oxid (TiO2)
Modifi­kationPearson-SymbolRaumgruppe (Nr.)
AnatastI12I41/amdVorlage:Raumgruppe/141 (141)
RutiltP6P42/mnmVorlage:Raumgruppe/136 (136)
BrookitoP24PbcaVorlage:Raumgruppe/61 (61)

Die Pearson-Symbolik kann dabei auch zur Beschreibung von Allotropen der Elemente oder Modifikationen in chemischen Formeln bzw. Stoffbezeichnungen verwendet werden; hierzu wird das Pearson-Symbol in Klammern direkt hinter dem entsprechenden Ausdruck angefügt.

Die Allotrope des Eisens können z. B. wie folgt beschrieben werden:

  • Ferrit (α-Eisen) als Eisen(cI2) oder Fe(cI2)
  • Austenit (γ-Eisen) als Eisen(cF4) oder Fe(cF4).

Die Modifikationen des Zinksulfids (ZnS) können z. B. wie folgt beschrieben werden:

  • Sphalerit (α-ZnS) als Zinksulfid(cF8) oder ZnS(cF8)
  • Wurtzit (β-ZnS) als Zinksulfid(hP4) oder ZnS(hP4).

Grenzen der Anwendbarkeit der Pearson-Symbolik

Die Pearson-Symbolik ermöglicht in vielen Fällen – wie in oben angeführten Beispielen – eine einfache und eindeutige Unterscheidung von Allotropen oder Modifikationen. Aufgrund des begrenzten Informationsgehalts des aus drei Symbolen bestehenden Pearson-Symbols kann dies bereits bei Allotropen zu Problemen einer eindeutigen Zuordnung führen, wie das folgende Beispiel Kohlenstoff (C) zeigt:

Kohlenstoff (C)
Allo­tropPearson-SymbolRaumgruppe (Nr.)
DiamantcF8Fd3mVorlage:Raumgruppe/227 (227)
LonsdaleithP4P63/mmcVorlage:Raumgruppe/194 (194)
Graphit
ChaoithP168P6/mmmVorlage:Raumgruppe/191 (191)

Anhand des Pearson-Symbols hP4 können Graphit und Lonsdaleit nicht unterschieden werden. Da beide zudem auch in derselben Raumgruppe P63/mmc (Nr. 194)Vorlage:Raumgruppe/194 kristallisieren, kann eine Unterscheidung nur durch die von den Kohlenstoff-Atomen besetzten Punktlagen in den jeweiligen Kristallstrukturen erfolgen:

Kohlenstoff (C), Pearson-Symbol hP4, Raumgruppe P63/mmc (Nr. 194)Vorlage:Raumgruppe/194
AllotropPunktlagen[3]
Atom Nr.Wyckoff-PositionLage­symmetrieKoor­dinaten
Lonsdaleit[4]C14f3m.1323, z
Graphit[5]C12b6m20, 0, 14
C22c132314

Eine vollständige und unmissverständliche Kristallstrukturbeschreibung, das heißt die präzise räumliche Anordnung der Atome, Ionen oder Moleküle, ist anhand der Pearson-Symbolik grundsätzlich nicht möglich. Diese erfordert stets die Kenntnis der Raumgruppe und Punktlagen sowie – untergeordnet auch – der Gitterparameter.

Literatur

  • IUPAC (Hrsg.): Nomenclature of Inorganic Chemistry – IUPAC Recommendations 2005. S. 48 ff. & 241 f. (englisch, iupac.org [PDF]).
  • W. B. Pearson: A Handbook of Lattice Spacings and Structures of Metals and Alloys. In: International Series of Monographs on Metal Physics and Physical Metallurgy. 1. Auflage. Band 4. Pergamon Press, 1958, ISBN 1-4832-1318-8.

Einzelnachweise