Parsenn-Derby

Schweizer Ski-Abfahrtslauf

Das Parsenn-Derby ist ein traditionsreicher Abfahrtslauf im Schweizer Skigebiet Parsenn bei Davos. Das Skirennen wurde erstmals 1924 ausgetragen und gehörte in den folgenden Jahrzehnten zu den bedeutenden Abfahrten im internationalen Renngeschehen.

Davos mit Parsenn

Geschichte

Das Abfahrtsrennen wurde erstmals 1924 von den beiden Davoser Skiclubs, dem Ski Club Davos und dem Davos English Ski Club, auf Anregung des Engländers Fred W. Edlin veranstaltet. Edlin gehörte dem Ski Club of Great Britain an, kam Jahre zuvor als Kurgast nach Davos und entdeckte die Eignung des Parsenn-Gebietes für den alpinen Skilauf. Der Austragung des ersten Derbys ging die Frage voraus, wie lange eine Abfahrt von der Parsennfurka bis nach Küblis dauern würde. Da ernstzunehmende Antworten ausblieben, schlug Edlin zur Klärung die Austragung eines Rennens vor und fand dafür grosse Unterstützung. Dieses erste Rennen erhielt von Edlin den Namen Davoser Ski-Derby, in Anlehnung an das Epsom Derby, einem berühmten Pferderennen in Epsom, England. Später wurde das Rennen in Parsenn-Derby umbenannt. Der Sieger des ersten Derbys bewältigte die Strecke in 22 Minuten und 27 Sekunden, während die schnellste Dame 35 Minuten und 37 Sekunden benötigte. Das Rennen war ein Erfolg und sollte von nun an jährlich stattfinden. Wegen ungünstiger Witterungsbedingungen konnte das zweite Derby allerdings erst drei Jahre später ausgetragen werden. Seither findet es, mit wenigen Unterbrechungen, jährlich statt.

Im Laufe der Jahre wurden Start- und Zielort mehrfach geändert. Nach dem Bau der Parsennbahn starteten Damen und Herren ab 1933 auf dem Weissfluhgipfel in etwa 2700 m Seehöhe. Das Ziel der Herren lag weiterhin im knapp 2000 m niedriger gelegenen Küblis, die Fahrtstrecke betrug etwa 13 Kilometer. Die Damen beendeten ihr Rennen bei der Conterser Schwendi, die Strecke war somit um einige Kilometer kürzer. Die damalige Siegerzeit von Otto Furrer betrug 16 Minuten und 1 Sekunde, bei den Damen siegte Margrit Bertsch in 12 Minuten und 24 Sekunden. In den ersten Jahrzehnten konnten die Athleten ihre Strecke frei wählen. Erst nachdem Edy Rominger 1944 nach einer gewagten Gipfelabkürzung eine deutliche Rekordzeit von 13 Minuten und 27 Sekunden fuhr, stellte man zwei Pflichttore auf. Später wurde der Streckenverlauf durch die Pistenpräparierung und einer zunehmenden Anzahl von Toren für alle Läufer einheitlich.

Das Parsenn-Derby ist eines der wenigen Skiwettbewerbe, die während des Zweiten Weltkrieges durchgehend veranstaltet wurden. Ab 1968 endete auch das Herrenrennen bei der Conterser Schwendi. Die Strecke wurde wegen internationaler Bestimmungen des Weltskiverbandes FIS auf maximal 6260 m verkürzt. Seit 2000 wird auch ein Mannschaftsrennen veranstaltet, wobei jede Mannschaft aus vier Läufern bzw. Läuferinnen besteht. Ab 2004 befand sich das Ziel im Gauderloch auf 2080 m Seehöhe. Gestartet wurde am Weissfluhgipfel in 2710 m Höhe. Die Höhendifferenz betrug 630 m, die Streckenlänge 2900 m. Die Siegerzeiten betrugen etwa 2 Minuten. 2009 wurde die Strecke um 900 m bis zum Obersäss verlängert.

Von einem zunächst nur regionalen Rennen (am ersten Derby nahmen 53 Starter teil, die einem der beiden Davoser Skiclubs angehören oder für mindestens acht Tage als Kurgast in Davos sein mussten), entwickelte es sich rasch zu einem bedeutenden Fixpunkt im internationalen Renngeschehen. Neben zahlreichen Siegen Schweizer Skigrössen wie David Zogg, Rudolf Rominger, Walter Prager, Heinz von Allmen oder Anny Rüegg gab es die ersten Siege von ausländischen Läufern bei den Damen 1930 durch die Österreicherin Irma Schmidegg und bei den Herren 1932 durch den ebenfalls aus Österreich stammenden Leo Gasperl. In den 1950er-Jahren waren bei den Damen mehrere Deutsche erfolgreich, unter anderem die mehrfache Deutsche Meisterin Hildesuse Gaertner und die spätere Olympiasiegerin Heidi Biebl. 1960 war das Derby durch Siege von Heinrich Messner und Christl Haas fest in österreichischer Hand.

Nachdem bereits nach dem Zweiten Weltkrieg französische Läufer an teilweise recht flachen Streckenabschnitten Kritik geübt hatten, verlor das Derby spätestens ab Einführung des Skiweltcups im Jahr 1967 an internationaler Bedeutung und wurde zunehmend zu einem Volksrennen, an dem heute hauptsächlich Hobbyskirennfahrer teilnehmen. Dennoch finden sich auch nach 1967 immer wieder prominente Namen unter den Siegern, wie etwa Josef Minsch, Walter Vesti, Urs Lehmann, Martina Accola oder Kristian Ghedina, der 2002 als erster Italiener das Derby gewann.

Streckenverlauf

Herren

  • 1924–1931: Parsennfurka – Küblis
  • 1932: Wasserscheide – Küblis
  • 1933–1967: Weissfluhgipfel – Küblis
  • 1968–1994: Weissfluhgipfel – Conterser Schwendi
  • 1995–1998: Weissfluhjoch – Schifer
  • 1999–2003: Weissfluhjoch – Erezsäss
  • 2004–2008: Weissfluhgipfel – Gauderloch
  • 2009–2012: Weissfluhgipfel – Obersäss

Damen

  • 1924–1930: Parsennfurka – Küblis
  • 1931: Parsennfurka – Conters
  • 1932: Gaudagrat – Küblis
  • 1933–1994: Weissfluhgipfel – Conterser Schwendi
  • 1995–1998: Weissfluhjoch – Schifer
  • 1999–2003: Weissfluhjoch – Erezsäss
  • 2004–2008: Weissfluhgipfel – Gauderloch
  • 2009–2012: Weissfluhgipfel – Obersäss

Siegerliste

Nr.DatumHerrenZeit
(min)
DamenZeit
(min)
0113.01.1924Schweiz  Peter Gruber22:27Schweiz  Helene Fischer35:37
0230.01.1927Schweiz  Peter Gruber20:46,2Schweiz  Elisa Biasi41:18,2
0326.02.1928Schweiz  Alfi Kaltenbrunner22:57Schweiz  Elly Balmelli35:39
0427.01.1929Schweiz  David Zogg17:59Schweiz  Elly Balmelli28:16
0502.03.1930Schweiz  David Zogg16:29Osterreich  Irma Schmidegg24:43
0608.02.1931Schweiz  David Zogg13:44Schweiz  Rösli Rominger15:27
0707.02.1932Osterreich  Leo Gasperl17:46Schweiz  Margrit Bertsch19:35
0819.02.1933Schweiz  Otto Furrer16:01Schweiz  Margrit Bertsch12:24
0911.02.1934Schweiz  David Zogg16:36Schweiz  Margrit Bertsch11:47
1024.03.1935Schweiz  Rudolf Rominger18:18Schweiz  Anny Rüegg11:07
1116.02.1936Schweiz  Walter Prager16:17Schweiz  Elvira Osirnig09:59
1214.03.1937Schweiz  Beat Rüedi19:13Schweiz  Margrit Bertsch10:45
1320.02.1938Schweiz  Martin Fopp14:49Schweiz Nini Sutter / Doris Friedrich09:22
1426.02.1939Schweiz  Rudolf Rominger18:27Schweiz  Verena Fuchs09:36
1525.02.1940Schweiz  Peter Mathis14:36Schweiz  Erna Steuri08:34
1626.02.1941Schweiz  Heinz von Allmen15:23Schweiz  Clara Bertsch09:11
1701.03.1942Schweiz  Peter Mathis14:00Schweiz  Clara Bertsch08:07,5
1828.02.1943Schweiz  Peter Mathis14:11Schweiz  Clara Bertsch08:31,4
1920.02.1944Schweiz  Edy Rominger13:27Schweiz  Anni Maurer07:51,6
2025.02.1945Schweiz  Peter Mathis13:38,2Schweiz  Anni Maurer07:59,2
2103.03.1946Frankreich  Jean Blanc14:05Schweiz  Anni Maurer09:35,8
2223.02.1947Schweiz  Max Bertsch17:00,2Schweiz  Anni Maurer11:43,0
2307.03.1948Schweiz  Ralph Olinger13:10,4Schweiz  Anni Maurer06:52,2
2406.03.1949Schweiz  Max Bertsch14:33,7Schweiz  Anni Maurer08:23,4
2505.03.1950Schweiz  Max Bertsch13:51,0Schweiz  Idly Walpoth08:04,2
2604.03.1951Schweiz  Ralph Olinger13:23,8Deutschland  Hildesuse Gaertner06:45,7
2702.03.1952Osterreich  Martin Strolz13:51,9Deutschland  Hildesuse Gaertner07:52,9
2803.03.1953Schweiz  René Scheiwiller17:46,2Schweiz  Frieda Dänzer11:28,6
2907.03.1954Schweiz  Beat Fopp13:06,2Frankreich  Monique Lafont07:21,4
3006.03.1955Schweiz  Hans Forrer12:32,9Schweiz  Hedy Beeler07:42,8
3118.03.1956Schweiz  Andreas Rüedi12:24,9Schweiz  Frieda Dänzer06:58,9
3210.03.1957Schweiz  Roman Casty09:27,3 *Deutschland  Hannelore Heckmair08:13,8
3323.03.1958Schweiz  Nando Pajarola12:27,9Deutschland  Hannelore Heckmair07:01,8
3415.03.1959Schweiz  Nando Pajarola06:01,2Deutschland  Heidi Biebl07:13,3
3528.02.1960Osterreich  Heinrich Messner12:56,0Osterreich  Christl Haas06:46,8
3619.02.1961Schweiz  Willi Forrer10:40,7Schweiz  Sylvia Zimmermann06:21,6
3711.02.1962Frankreich  Ives Bienvenu12:30,9Frankreich  Marguerite Leduc07:59,2
3817.02.1963Schweiz  Marco Walli13:16,4Schweiz  Edith Hiltbrand06:53,2
3928.02.1965Schweiz  Marco Walli11:15,9Schweiz  Sylvia Zimmermann05:59,7
4020.02.1966Schweiz  Jakob Boner11:18,6Schweiz  Sylvia Zimmermann06:24,2
4126.02.1967Schweiz  Josef Minsch04:52,22 *Schweiz  Ursula Barth06:35,56
4210.03.1968Schweiz  Jon Christoffel05:09,15Schweiz  Edith Hiltbrand05:30,22
4316.03.1969Schweiz  Kurt Pargätzi06:42,1Schweiz  Edith Hiltbrand06:23,4
4415.03.1970Schweiz  Thomy Valär07:30,4Schweiz  Annelies Müller08:56,4
4521.03.1971Schweiz  Christoph Rageth04:37,2 *Schweiz  Irene Boehm05:00,8
4618.03.1973Schweiz  Christoph Rageth04:50,2Schweiz  Bettina Fopp05:29,8
4710.03.1974Schweiz  Edi Waldburger04:41,0Schweiz  Irene Boehm04:59,4
4816.03.1975abgebrochenSchweiz  Irene Boehm05:21,1
4907.03.1976Schweiz  Gianni Bianchi04:47,5Schweiz  Irene Boehm04:49,3
5020.03.1977Schweiz  Walter Vesti04:29,5Schweiz  Irene Boehm04:42,3
5112.02.1978Schweiz  Walter Vesti04:32,96Schweiz  Bettina Frey04:58,58
5211.02.1979Schweiz  Roberto Bianchi04:25,44 *Schweiz  Irene Boehm04:40,18
5310.02.1980Schweiz  Andreas Rüedi04:16,56Schweiz  Liselotte Schlumpf04:13,89
5401.02.1981Schweiz  Andreas Rüedi04:04,50Schweiz  Linda Hügi03:59,9
5507.02.1982Schweiz  Martin Reichmuth04:00,63Schweiz  Liselotte Schlumpf03:53,53
5607.02.1983Schweiz  Roland Widmer04:46,31Schweiz  Eveline Bolli05:36,26
5710.02.1985Schweiz  Patrick Mächler04:22,93Schweiz  Eveline Bolli04:23,59
5809.02.1986Schweiz  Urs Lehmann04:31,20Schweiz  Irene Meier-Boehm05:00,96
5908.02.1987Schweiz  Andreas Rüedi04:31,00Schweiz  Doris Hartmann04:31,28
6021.02.1988Schweiz  Patrick Mächler03:55,57Schweiz  Irene Meier-Boehm04:10,87
6118.03.1990Schweiz  Michael Plöchinger03:49,37Schweiz  Martina Accola03:46,30
6214.03.1993Schweiz  Michael Plöchinger03:51,66Schweiz  Manuela Steiger04:01,55
6419.03.1995Schweiz  Michael Plöchinger04:11,68Schweiz  Tanja Urfer05:25,67
6521.03.1999Schweiz  Michael Plöchinger04:31,12Schweiz  Claudia Rageth05:12,67
6619.03.2000Schweiz  Jan Kindschi01:54,27 *Schweiz  Corinne Kuhn02:04,62 *
6711.03.2001Schweiz  Michael Plöchinger01:55,97 *Schweiz  Claudia Rageth02:06,98 *
6817.02.2002Italien  Kristian Ghedina01:54,08 *Schweiz  Claudia Rageth02:07,12 *
6923.03.2003Schweiz  Robert Moze01:53,52 *Schweiz  Corinne Kuhn02:02,53 *
7021.03.2004Schweiz  Robert Moze01:47,82Schweiz  Corinne Kuhn01:56,99
7120.03.2005Schweiz  Robert Moze01:50,96Vereinigte Staaten  Priska Sorensen01:58,71
7202.04.2006Schweiz  Robert Moze02:10,28Schweiz  Olivia Schuwey02:27,06
7311.03.2007Schweiz  Daniel Züger02:10,21Vereinigte Staaten  Priska Sorensen02:18,46
7409.03.2008Schweiz  Daniel Züger01:59,65Schweiz  Fabienne Huser02:11,18
7508.03.2009Schweiz  Daniel Züger02:23,84Schweiz  Arabela Philipona02:48,78
7614.03.2010Schweiz  Urs Keller02:23,93Schweiz  Anja Dellagiovanna02:35,75
7713.03.2011Schweiz  Daniel Züger01:51,43Schweiz  Marianne Rubi02:00,75
7811.03.2012Schweiz  Jan Kindschi02:28,96Schweiz  Nicole Bärtschi02:37,83

* Verkürzte Strecke

In den Jahren 1964, 1972, 1984, 1989, 1991, 1992, 1996, 1997 und 1998 wurden keine Rennen ausgetragen. 1994 musste das 63. Derby wegen Schlechtwetters abgebrochen werden.

Literatur