Parlamentswahl in Tunesien 2019

Parlamentswahl in Tunesien

Die vierzehnte Parlamentswahl zur Volksrepräsentantenversammlung der Republik Tunesien fand am 6. Oktober 2019 statt. Stärkste Kraft wurde dabei die islamisch geprägte Ennahda-Partei, zweitstärkste die neugegründete Partei Qalb Tunis („Herz Tunesiens“).

Ausgangslage

Die Parlamentswahl war die zweite nach dem Ausbruch des Arabischen Frühlings im Jahr 2011, der nur in Tunesien zu einem demokratischen System führte. Bei der Wahl 2014 hatte die säkulare Partei Nidaa Tounes mit 86 Sitzen die meisten Mandate erhalten, gefolgt von Ennahda mit 69 Sitzen, der Freien Patriotischen Union (UPL) mit 16 Sitzen, der Volksfront (FP) mit 15 Sitzen sowie weiteren Parteien.

Am 15. September 2019 hatte der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl stattgefunden, die Stichwahl war auf den 13. Oktober terminiert. Während diese Wahl wegen des Todes des Amtsinhabers vorgezogen war, fand die Parlamentswahl turnusgemäß statt.

Zur Wahl 2019 traten auch zahlreiche neugegründete Parteien an, darunter Qalb Tunis des Geschäftsmannes und Präsidentschaftskandidaten Nabil Karoui.

Wahlverfahren

Gewählt wurden 217 Abgeordnete in 33 Wahlkreisen. Sechs Abgeordnete wurden von Auslandstunesiern bestimmt. Die Sitzverteilung wurden nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren bestimmt. Die Wahllisten mussten laut Wahlgesetz paritätisch mit Männern und Frauen besetzt sein, es gab aber viele männliche Einzelbewerber und männliche Spitzenkandidaten.

Wähler mussten sich vor der Wahl registrieren lassen.

Ergebnis

Ennahda erhielt 52 von 217 Mandaten und stellt somit trotz Stimmenverlusten die größte Fraktion.

Neben Qalb Tunis zogen weitere neugegründete Parteien mit größeren Fraktionen ins Parlament ein, so die islamistisch-extremistische Partei Al-Karama und die anti-islamische Parti destourien libre.

Größte Verliererin war die Partei Nidaa Tounes, die 2014 zur stärksten Kraft gewählt worden war, 2019 aber nur drei ihrer 86 Sitze im Parlament behalten konnte.

Die Stimmbeteiligung war mit 41,32 % deutlich geringer als bei den vorangegangenen Wahlen von 2014 und die Ergebnisse stärker fragmentiert, sodass eine schwierige Regierungsbildung erwartet wurde.

Sitzverteilung
Parti oder BündnisStimmenAnteil+/-Sitze+/-
Ennahda561.13219,55 %−8,16 %52−17
Herz von Tunesien416.00414,49 %Neu38+38
Freie Destur-Partei189.3566,60 %N/a17+17
Demokratische Strömung183.4736,39 %+4,49 %22+19
Koalition der Würde169.6515,91 %Neu21+21
Volksbewegung129.6044,52 %+3,19 %15+12
Tahya Tounes116.5824,06 %Neu14+14
Republikanische Volksunion59.9242,09 %N/a3+3
Aïch Tounsi46.4011,62 %Neu1+1
al Badil Ettounsi46.0461,60 %Neu3+3
Espoir et travail45.1961,57 %Neu2+2
Afek Tounes43.8921,53 %-1,48 %2-6
Nidaa Tounes43.2131,51 %-36,05 %3-83
Machrouu Tounes40.8691,42 %Neu4+4
Errahma40.0711,40 %N/a4+4
Volksfront32.2261,12 %-2,53 %1-14
Le Front30.0131,05 %Neu00
Demokratische und Soziale Bewegung29.8281,04Neu1+1
La Tunisie autrement26.3410,92 %Neu00
Al Amal26.196}0,91 %Neu00
Tous pour la Patrie19.9540,70 %Neu00
Strömung der Liebe17.7490,62 %-0,58 %1-1
Al Watan Al Jadid16.9550,58 %Neu00
Mouatinoun et Ncharek16.5330,57 %Neu00
Sozialistische Destur-Partei16.2350,57 %Neu1+1
Chabeb Tounes Al Watani13.9750,49 %Neu00
Beni Watani13.1540,46 %Neu00
Partei der Stimme der Landwirte93660,33 %+0,23 %10
Kongress für die Republik88690,31 %-1,83 %0-4
Sozialistische Partei82090,29 %N/a00
Ettakatol75070,26 %-0,46 %00
Fraktionslose46.0061,60 %-11+10
Andere Parteien und Listen399.78413,93 %-0-30
Abgegebene Stimmen2.870.31497,41 %
Leere Zettel26.4030,90 %
Ungültige Zettel49.7041,68 %
Annullierte Stimmen2070,01 %
Gesamt2.946.628100 %-2170
Nichtwähler4.120.31258,30 %
Registrierte Wähler/Wahlbeteiligung7.065.88541,70 %

Regierungsbildung

Am 15. November wurde Ennahda vom Präsidenten mit der Bildung einer Regierung beauftragt; Premierminister sollte der frühere Staatssekretär Jemli werden.[1] Das Parlament lehnte aber am 10. Januar 2020 Jemlis Vorschlag mit 134 zu 72 Stimmen ab.[2] Am 21. Januar wurde der ehemalige Finanzminister Elyes Fakhfakh beauftragt, eine Regierung zu bilden.[3] Am 27. Februar billigte das Parlament dessen Koalitionsregierung mit 129 zu 77 Stimmen.[4]

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Einzelnachweise