Parlamentswahl in Griechenland Juni 2012

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Mai 2012Parlamentswahl Juni 2012Jan. 2015
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Sitzverteilung
       
Insgesamt 300 Sitze

Die Parlamentswahl in Griechenland im Juni 2012 fand am 17. Juni 2012 statt,[2] nur sechs Wochen nach der Wahl vom 6. Mai 2012, die keine regierungsfähige Mehrheit erbracht hatte. Als stärkste Partei ging die konservative Nea Dimokratia (ND) mit knappem Vorsprung vor der linkssozialistischen SYRIZA aus der Wahl hervor.

Nachdem sich die ND mit der sozialdemokratischen PASOK und der Demokratischen Linken (DIMAR) auf die Bildung einer Regierung hatte einigen können (Kabinett Samaras), wurde Andonis Samaras, Vorsitzender der Nea Dimokratia, am 20. Juni 2012 zum griechischen Ministerpräsidenten vereidigt.[3]

Die vorgezogene Neuwahl vom 6. Mai 2012, eine Folge der Erschütterungen Griechenlands durch die griechische Finanzkrise, veränderte die politische Landschaft Griechenlands stark: Aus Enttäuschung oder Verbitterung über die Sparpolitik und die Rezession wandten sich viele Wähler von den beiden ehemals großen Parteien ab (Nea Dimokratia und PASOK hatten sich seit Ende der griechischen Militärdiktatur im Juli 1974 in der Regierung des Landes abgewechselt und zuletzt die Übergangsregierung von Loukas Papadimos getragen). Die beiden Parteien verloren so stark an Stimmen, dass sie selbst gemeinsam keine Regierungsmehrheit mehr bilden konnten. SYRIZA, eine Koalition radikaler Linker und Partei seit dem 22. Mai 2012, wurde überraschend zweitstärkste Partei. Auch zog erstmals die rassistische und neonazistische Chrysi Avgi ins Parlament ein; zudem die am 24. Februar 2012 gegründete rechtspopulistische Anexartiti Ellines und die linke Dimokratiki Aristera.

Bei diesen Mehrheitsverhältnissen gelang keine Regierungsbildung. Die nacheinander mit der Regierungsbildung beauftragten Vorsitzenden der nahe beieinander liegenden drei Parteien mit den meisten Wählerstimmen gaben ihren Auftrag jeweils alsbald zurück, wobei vor allem Andonis Samaras trotz der theoretischen Möglichkeit keinerlei Interesse an einer Koalition äußerte.[4][5]

Auch der Versuch von Staatspräsident Karolos Papoulias, sie zu einer Regierung mit ausreichender Mehrheit zusammenzubringen, scheiterte. Letztlich maßgeblich für das Scheitern war die Weigerung von SYRIZA, sich an einer den Sparkurs fortsetzenden Koalition zu beteiligen. Der SYRIZA-Vorsitzende Alexis Tsipras erklärte, das griechische Volk habe die Vereinbarungen mit EU, IWF und EZB über einen Schuldenschnitt aufgrund der EU-Beschlüsse vom 26. Oktober 2011 und dessen Voraussetzungen, in denen Spar- und Reformmaßnahmen als Bedingung für Finanzhilfen akzeptiert worden waren, für null und nichtig erklärt.

Nachdem am 15. Mai 2012 alle Versuche, eine Regierung zu bilden, gescheitert waren, musste der Staatspräsident nach Artikel 37 der Verfassung von Griechenland einen der obersten Richter als Übergangspremier ernennen, das Parlament auflösen und Neuwahlen ausschreiben. Papoulias ernannte daher am 16. Mai 2012 (ΦΕΚ A 121/2012) Panagiotis Pikrammenos zum Ministerpräsidenten; mit Dekret vom 19. Mai 2012 (ΦΕΚ A 125/2012) löste er das gerade gewählte Parlament auf und beschloss Neuwahlen am 17. Juni 2012.[6]

Einflussnahmen

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Vor der Wahl warnten zahlreiche ausländische europäische Politiker davor, dass eine Aufkündigung der Abmachungen mit EU, EZB und IWF, wie sie vor allem die Linkspartei Syriza für den Fall ihres Wahlsieges ankündigte, den Verbleib des Landes in der Eurozone in Frage stelle.[7][8][9][10][11][12][13][14][15] Alexis Tsipras, der SYRIZA-Parteivorsitzende, wies dies als Einmischungsversuch zurück.[16]

Meinungsumfragen vor der Wahl

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Nach Umfragen hatte die Linkspartei Syriza Aussicht auf weiteren Stimmenzuwachs. In einigen Umfragen lag sie vor der Nea Dimokratia; Schwankungen in der Meinung bzw. den Wahlabsichten der Wähler waren erkennbar:

UmfrageinstitutDatumParteien
NDSYRIZAPASOKANELKKEXADIMAR
Metron Analysis[17]12.05.201221,725,514,6
Kappa Research[18]12.05.201218,120,512,2
Public Issue[19]25.05.201226,030,015,57,05,04,06,5
Kappa Research[20]26.05.201225,820,113,0
VPRC[21]26.05.201226,028,512,57,05,05,57,0
Public Agency[21]26.05.201216,030,015,58,05,04,06,5
Alco[20]26.05.201225,622,914,0
Marc[20]26.05.201225,223,212,6
MRB[20]26.05.201223,323,213,8
GPO[22]30.05.201223,422,113,57,45,94,25,1
Public Issue[23]–1.06.201225,031,513,55,55,54,57,5

In einer Umfrage am 12. Mai 2012 sprachen sich 78 Prozent der Befragten für einen Verbleib in der Eurozone aus.[18]

Gewählt wurden 300 Abgeordnete.

Die Wahl erfolgte nach einem im Wesentlichen von der Verhältniswahl geprägten Wahlsystem. 288 der 300 Sitze wurden in 56 Wahlkreisen gewählt, wobei die je Wahlkreis vergebene Anzahl der Mandate je nach Bevölkerungszahl in den einzelnen Wahlkreisen unterschiedlich war; so entfielen auf den größten Wahlkreis Athen-B mit 1,4 Millionen Wahlberechtigten 42 Sitze. Die Wahl erfolgte über Parteilisten. Die Wähler konnten innerhalb der Wahlkreisliste der von ihnen gewählten Partei die von ihnen bevorzugten Kandidaten ankreuzen. In acht kleinen Wahlkreisen wurde nur je ein Mandat vergeben; dieses erhielt der Kandidat mit den meisten Stimmen, sodass das Wahlsystem auch Elemente der Mehrheitswahl enthielt. Zwölf Mandate wurden aufgrund einer landesweiten Liste nach reiner Verhältniswahl vergeben.

Eine Partei musste aufgrund einer Sperrklausel eine Hürde von 3 Prozent überwinden, um in das Parlament einziehen zu können.

Die Sitzverteilung erfolgte in der Weise, dass die Partei, die die meisten Stimmen erhielt, 50 zusätzliche Sitze als Bonus bekam. Wahlbündnisse hatten praktisch keine Aussicht auf diesen Bonus, da ihr Stimmanteil für die Ermittlung der stärksten Partei durch die Anzahl der in ihnen zusammengeschlossenen Parteien dividiert wurde.[24] Die übrigen Sitze wurden proportional unter allen Parteien verteilt, die die Sperrklausel von 3 Prozent überwanden. Hierdurch wurde die Bildung regierungsfähiger Mehrheiten begünstigt.[25][26]

Wahlberechtigt waren alle griechischen Bürger ab dem vollendeten 18. Lebensjahr, insgesamt 9,85 Millionen Wähler. In Griechenland bestand nominell Wahlpflicht; Nichtwählen wurde aber nicht sanktioniert. Der Anteil der Nichtwähler stieg auf 37,5 %; er war schon bei vorangegangenen Wahlen angestiegen.

Das neugewählte Parlament trat am 28. Juni 2012 zusammen.[27]

Die von Enttäuschung über die etablierten Parteien und von Protest gegen die Austeritätspolitik geprägte Wahl vom 6. Mai 2012 hatte zu einer weitgehenden Zersplitterung der Parteienlandschaft geführt. Insgesamt entfielen 19 % der abgegebenen Stimmen auf Parteien, die an der Dreiprozenthürde scheiterten.

Vor der Neuwahl am 17. Juni 2012 zeigten sich daher Bestrebungen, das Wählerpotential zu bündeln. Beispiele:

Das Linksbündnis SYRIZA, bisher ein Wahlbündnis, gründete sich als Partei neu, um im Falle eines Wahlsieges in den Genuss des 50-Sitze-Bonus kommen zu können.

Der Oberste Gerichtshof hatte 21 Parteien und Wahlbündnisse sowie eine Einzelbewerberliste zur Wahl zugelassen:[29]

Nr.ParteiNameAusrichtungSpitzenkandidat
1.Logo der NDNea Dimokratia (ND)
Neue Demokratie / Neue Republik
Νέα Δημοκρατία (ΝΔ)konservativAndonis SamarasAndonis Samaras
2.Logo der SYRIZASYRIZA – Enotiko Kinoniko Metopo (SYRIZA-EKM)
SYRIZA – Vereinte Soziale Front
ΣΥΡΙΖΑ – Ενωτικό Κοινωνικό Μέτωπο (ΣΥΡΙΖΑ-ΕΚΜ)linkssozialistischAlexis TsiprasAlexis Tsipras
3.Logo der PASOKPanellinio Sosialistiko Kinima (PASOK)
Panhellenische Sozialistische Bewegung
Πανελλήνιο Σοσιαλιστικό Κίνημα (ΠΑΣΟΚ)sozialdemokratischEvangelos VenizelosEvangelos Venizelos
4.Anexartiti Ellines (ANEL)
Unabhängige Griechen
Ανεξάρτητοι Έλληνες (ΑΝΕΛ)rechtspopulistischPanos KammenosPanos Kammenos
5.Logo der KKEKommounistiko Komma Elladas (KKE)
Kommunistische Partei Griechenlands
Κομμουνιστικό Κόμμα Ελλάδας (ΚΚΕ)kommunistischAleka PaparigaAleka Papariga
6.Chrysi Avgi (XA)
Goldene Morgendämmerung
Χρυσή Αυγή (ΧΑ)neonazistischNikolaos Michaloliakos
7.Logo der DIMARDimokratiki Aristera (DIMAR)
Demokratische Linke
Δημοκρατική Αριστερά (ΔΗΜΑΡ)linksFotis KouvelisFotis Kouvelis
8.
  • Anexartiti Ananeotiki Aristera (Unabhängige Erneuerte Linke)
  • Ananeotiki Dexia (Erneuerte Rechte)
  • Ananeotiki PASOK (Erneuerte PASOK)
  • Ananeotiki Nea Dimokratía (Erneuerte Nea Dimokratia)
  • Ochi sto Polemo (Nein zum Krieg)
  • Komma Epichirisi Charizo Ikopeda (Partei Unternehmen Ich verschenke Grundstücke)
  • Chrizo Chrei, Sozo Zoes (Ich verschenke Schulden, Ich rette Leben)
  • Panagrotiko Ergatiko Kinima Ellados (Landwirtschaftliche Arbeiterbewegung)
  • Ανεξάρτητη Ανανεωτική Αριστερά
  • Ανανεωτική Δεξιά
  • Ανανεωτικό ΠΑΣΟΚ
  • Ανανεωτική Νέα Δημοκρατία
  • Όχι στον Πόλεμο
  • Κόμμα Επιχείρηση Χαρίζω Οικόπεδα
  • Χαρίζω Χρέη, Σώζω Ζωές
  • Παναγροτικό Εργατικό Κίνημα Ελλάδος
Miltiadis Tzalazidis
9.Antikapitalistiki Aristeri Synergasia gia tin Anatropi (ANTARSYA)
Antikapitalistische Linke Zusammenarbeit für den Umsturz
Αντικαπιταλιστική Αριστερή Συνεργασία για την Ανατροπή (ΑΝΤΑΡΣΥΑ)kommunistisch
10.Kinima Ethnikis Andistasis (KEAN)
Nationale Widerstandsbewegung
Κίνημα Εθνικής Αντίστασης (ΚΕΑΝ)rechtspopulistischIppokratis Savvouras
11.Kinonia – Politiki Parataxi Synechiston tou Kapodistria
Gesellschaft und politische Fraktion der Nachfolger von Kapodistrias
Κοινωνία Πολιτική Παράταξη συνεχιστών ΚαποδίστριαMichalis Eliadis
12.Logo der Bewegung „Ich bezahle nicht“Kinima Den Plirono
Bewegung „Ich bezahle nicht“
Κίνημα Δεν ΠληρώνωProtestparteiVasilis Papadopoulos
13.Enosi Kendroon
Zentrumsunion
Ένωσης ΚεντρώωνMitteVasilis Levendis
14.Logo der Partei Panathinaiko KinimaPanathinaiko Kinima (PANKI)
Panathenäische Bewegung
Παναθηναϊκό Κίνημα (ΠΑΝΚ)Giorgios Betsikas
15.Komma Fileleftheron
Partei der Liberalen
Κόμμα ΦιλελευθέρωνliberalEmmanouil Kalligiannis
16.Logo der Piratenpartei GriechenlandsKomma Piraton Elladas
Piratenpartei Griechenlands
Κόμμα Πειρατών ΕλλάδαςPiratenparteiIoannis Panagopoulos
17.Ikologi Prasini
Ökologen/Grüne
Οικολόγοι ΠράσινοιgrünIoanna KontouliIoanna Kontouli
18.Ethniki Elpida
Nationale Hoffnung
Εθνική ΕλπίδαGiorgos Papadopoulos
19.Laikos Orthodoxos Synagermos (LAOS)
Völkischer Orthodoxer Alarm
Λαϊκός Ορθόδοξος Συναγερμός (ΛΑΟΣ)nationalistischGeorgios KaratzaferisGeorgios Karatzaferis
20.Logo der Dimiourgia XanaDimiourgia, xana!
Erneute Erschaffung
Δημιουργία, ξανά!liberalThanos Tzimeros
21.
  • Kommounistiko Komma Elladas (marxistiko-leninistiko) (KKE (m-l))
    Kommunistische Partei Griechenlands (Marxisten-Leninisten)
  • Marxistiko-Leninistiko Kommounistiko Komma Elladas (Μ-L ΚΚΕ)
    Marxistische-Leninistische Kommunistische Partei Griechenlands
  • Κομμουνιστικό Κόμμα Ελλάδας (μαρξιστικό-λενινιστικό) (ΚΚΕ (μ-λ))
  • Μαρξιστικό-Λενινιστικό Κομμουνιστικό Κόμμα Ελλάδας (Μ-Λ ΚΚΕ)
maoistisch
22.Memonomeni
Einzelbewerberliste
ΜεμωνομένοιEinzelbewerberAthanasios Daskalopoulos
Gewinner nach Präfekturen:
  • Nea Dimokratia
  • SYRIZA – Enotiko Kinoniko Metopo
  • ListenStimmenMandate
    Anzahl%+/-Anzahl+/-
    Nea Dimokratia (ND)1.825.49729,7+10,8129+21
    Synaspismos Rizospastikis Aristeras (SYRIZA-EKM)1.655.02226,9+10,171+19
    Panellinio Sosialistiko Kinima (PASOK)756.02412,3−0,933−8
    Anexartiti Ellines (ANEL)462.4067,5−3,120−13
    Chrysi Avgi (XA)426.0256,9−0,118−3
    Dimokratiki Aristera (DIMAR)384.9866,3+0,117−2
    Kommounistiko Komma Elladas (KKE)277.2274,5−4,012−14
    Dimiourgia, xana!198.1401,6−0,6±0
    Laikos Orthodoxos Synagermos (LAOS)97.0991,6−1,3±0
    Ikologi Prasini54.4080,9−2,0±0
    Kinima Den Plirono23.6990,4−0,5±0
    Antikapitalistiki Aristeri Synergasia gia tin Anatropi (ANTARSYA)20.4160,3−0,9±0
    Kinonia – Politiki Parataxi Synechiston tou Kapodistria17.7700,3−0,2±0
    Enosi Kendroon (EK)17.1450,3−0,3±0
    Komma Piraton Elladas (KPE)14.1700,2−0,3±0
    Panathinaiko Kinima (PANKI)12.4590,2NeuNeu
    KKE (m-l) – Μ-L ΚΚΕ7.5920,1−0,1±0
    Ethniki Elpida (EE)4.2900,1NeuNeu
    Komma Fileleftheron6230,0−0,1±0
    Kinima Ethnikis Andistasis (KEAN)810,0±0,0±0
    Unabhängige3850,0−0,1±0
    Gesamt6.155.464100300
    Leere Stimmzettel25.3730,4–0,2
    Ungültige Stimmzettel35.9610,6–1,2
    Wähler6.216.79862,5+2,6
    Wahlberechtigte9.947.876
    Quelle: Innenministerium

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