Panzergranate 39

Die Panzergranate 39 (kurz PzGr. 39 oder Pzgr. 39) war eine deutsche Standardgranate, die im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde. Sie wurde in verschiedenen Kalibern gefertigt und war eine der am häufigsten verwendeten panzerbrechenden Granaten im direkten Feuerkampf gegen gepanzerte Gefechtsfahrzeuge. Äußerlich ähnelte das Projektil der PzGr. 40 und wurde vornehmlich als Granatpatrone aus Kampfwagenkanonen (KwK), Panzerjägerkanonen (PjK) und Panzerabwehrkanonen (PaK) verschossen. Bis Kriegsende kam es mehrfach zu Änderungen.[1]

Schnittzeichnung einer 7,5 cm Pzgr. 39 (nur das Projektil, ohne Hülse)
1 – Bodenzünder
2 – Leuchtspursatz
3 – Führungsband
4 – Sprengstofffüllung
5 – Eisenkörper
6 – Weicheisenkappe
7 – Ballistische Haube

Aufbau und Technik

Die Granate würde nach heutiger Nomenklatur als APCBC-HE-T (Armour Piercing Capped Ballistic Cap - High Explosive - Tracer; panzerbrechend, mit Kappe und ballistischer Haube - hochexplosiv - Leuchtspur) bezeichnet werden.

Konstruktiv bedeutet dies, dass der gehärtete, eigentliche panzerbrechende Wirkkörper („Penetrator“) mit einer Kappe aus weicherem Material versehen war, die den Aufprallschock dämpfte und den eigentlichen Wirkkörper schützte. Um die dadurch verschlechterte Aerodynamik wieder auszugleichen, wurde sie mit einer weiteren Ummantelung, der ballistischen Haube, versehen, um die Ballistik zu optimieren („APCBC“).[1] Die Wirkung auf Panzerung entspricht der eines Wuchtgeschosses, da zu ihrer Durchdringung rein die kinetische Energie verwendet wird.

Zusätzlich war eine geringe Sprengstoffmenge im Inneren („HE“), die über einen Verzögerungszünder am Boden nach dem Durchdringen der Panzerung die Granate zur Explosion brachte. Der Leuchtspursatz („T“) war im Boden zur Schussbeobachtung eingebracht.

Für die PzGr. 39 wurden – bei gleichem konstruktivem Aufbau – unterschiedliche Patronenhülsen gefertigt, um sie aus verschiedenen Kanonen verschießen zu können. So wurde zum Beispiel aus der Panzerabwehrkanone 7,5-cm-PaK 40 (L/46) und der Kampfwagenkanone 7,5-cm-KwK 40 (L/48), bei völlig unterschiedlichen Patronenhülsen, das gleiche Projektil verschossen.[1]

Es wurden verschiedene Versionen der Granate produziert, die in der Regel nur geringe Änderungen aufwiesen. Beispielsweise wurde in der 8,8-cm-Version PzGr. 39-1 die Qualität des Stahls verbessert. Die 7,5-cm-PzGr. 39/42 hatte zwei Führungsbänder. In der PzGr. 39/43 wurden die Führungsbänder gegenüber der PzGr. 39-1 verbreitert, da die höheren Gasdrücke der längeren Rohre Probleme beim Abfeuern der älteren PzGr. 39-1 mit schmalen Führungsbändern erzeugten. Die Abkürzung „FES“, welche sich auf vielen Granaten wiederfindet, weist auf die Verwendung von Sintereisen in den Führungsbändern hin,[1] welches kriegsbedingt durch die Verknappung der Rohstoffe statt Kupfer eingesetzt wurde.

Einsatz in verschiedenen Waffensystemen

Die Granate war speziell für die Bekämpfung gepanzerter Gefechtsfahrzeuge ausgelegt und wurde bis Kriegsende immer weiter verbessert und modifiziert. Als eines der Standardprojektile wurde sie in verschiedenen Kalibern gefertigt, die in einer ganzen Reihe von Waffensystemen verschossen werden konnten. Die nachstehende Übersicht zeigt waffenbezogen (KwK/PaK/PjK) die Durchschlagsleistung verschiedener Kaliber dieses Projektils im Vergleich zu anderen panzerbrechenden Granattypen.

Waffensystembezogene Durchschlagswerte der verschiedenen Projektile
WaffensystemGranateEntfernung … / Durchschlagswert …
KanoneKaliberlänge100 m 500 m1.000 m1.500 m2.000 m
2-cm-KwK 30
2-cm-KwK 38
L/55PzGr. 3920 mm14 mm9 mm
PzGr. 4049 mm20 mm
3,7-cm-KwK 36
3,7-cm-PaK 36
L/45PzGr. 3941 mm35 mm29 mm24 mm
PzGr. 4064 mm34 mm
5-cm-KwK 38L/42PzGr. 3954 mm46 mm36 mm28 mm22 mm
PzGr. 4096 mm58 mm
5-cm-KwK 39
5-cm-PaK 38
L/60PzGr. 3967 mm57 mm44 mm34 mm26 mm
PzGr. 40130 mm72 mm38 mm
7,5-cm-KwK 37
(Stummel)
L/24PzGr. 3941 mm39 mm35 mm33 mm30 mm
Gran. 38 Hl100 mm100 mm100 mm100 mm
7,5-cm-KwK 40L/43PzGr. 3998 mm91 mm82 mm72 mm63 mm
PzGr. 40126 mm108 mm87 mm69 mm
L/48PzGr. 39106 mm96 mm85 mm74 mm64 mm
PzGr. 40143 mm120 mm97 mm77 mm
7,5-cm-KwK 42
7,5-cm-PaK 42
7,5-cm-PjK 42
L/70PzGr. 39/42138 mm124 mm111 mm99 mm89 mm
PzGr. 40/42194 mm174 mm149 mm127 mm106 mm
8,8-cm-KwK 36
8,8-cm-FlaK 36
L/56PzGr. 39120 mm110 mm100 mm91 mm84 mm
PzGr. 40171 mm156 mm138 mm123 mm110 mm
Gran. 39 Hl90 mm90 mm90 mm90 mm90 mm
100 %1100 %199 %191 %189 %1
8,8-cm-KwK 43
8,8-cm-PjK 43
8,8-cm-PaK 43
L/71PzGr. 39/43203 mm185 mm165 mm148 mm132 mm
PzGr. 40/43237 mm217 mm193 mm171 mm153 mm
Gran. 39/3 Hl90 mm90 mm90 mm90 mm90 mm
12,8-cm-PaK 44L/55PzGr. 39187 mm166 mm143 mm127 mm117 mm
PzGr. 40/43193 mm178 mm167 mm157 mm148 mm
12,8-cm-KwK 44
12,8-cm-PjK 44
PzGr. 39223 mm212 mm200 mm189 mm178 mm
PzGr. 40/43166 mm143 mm117 mm
Erläuterungen
  • Wahrscheinlichkeitswert (1–100)%1: Versuchsweise erreichte Eindringtiefe, Zielfläche 2,5 m × 2,9 m
  • Mittlere Durchschlagskraft gegen homogene, gewalzte Panzerstahlplatten bei einem Auftreffwinkel von 30° zur Vertikalen des Panzerfahrzeugs.

Technische Daten

7,5 cm PzGr. 39 FES:

  • Gewicht, komplett mit Zünder: 6,8 kg
  • Explosiver Füllstoff: 18 g RDX und Wachs (90/10)
  • Anzahl der Führungsbänder: 1
  • Werkstoff des Führungsbandes: Sintereisen
  • Durchmesser am Führungsband: 77,4 mm
  • Durchmesser der Granate: 74,5 mm
  • Zünder: Bd.Z. 5103
  • Zündertyp: Bodenzünder
  • Zündergewicht mit Leuchtspursatz: 107 g
  • Brennzeit Leuchtspur: 2 s
  • Granatkartusche:
    • 75 × 495 mm R (R = Rand-Kartusche)
    • 75 × 640 mm R
    • 75 × 714 mm R

Bildergalerie

Literatur

  • Walter E. Wagenknecht: Die Fertigung von Panzergeschossen, In: Deutsches Waffen Journal, Nr. 5–6, 1977.
  • D 460/1+ Geschoßringbuch, Band I, Juli 1939.
  • D 460/10+ Ringbuch für Sprengladungen, Band I, 26. Oktober 1942.
  • L.Dv. 4402/8 Munition der 8,8 cm Flak 41 (Munition der Flakartillerie Teil 8) Mai 1943.
  • D 435/1, Handbuch, Munition der deutschen Geschütze und Werfer, 28. Dezember 1940.

Einzelnachweise