Kleinkastell Windlücke

archäologische Stätte in Deutschland

Das Kleinkastell Windlücke war ein römisches Grenzkastell an der älteren Odenwaldlinie des Neckar-Odenwald-Limes.

Kleinkastell Windlücke
LimesORL -- (RLK)
Strecke (RLK)ORL Strecke 10
Neckar-Odenwald-Limes
Odenwaldlinie
Datierung (Belegung)trajanisch[1]
bis max. 159 n. Chr.
TypKleinkastell
Einheitunbekannte Vexillatio
Größe13,5 × 13,5 m = ca. 0,18 ha
BauweiseSteinkastell
Erhaltungszustandnicht sichtbares Bodendenkmal
OrtBreitenbrunn (Lützelbach), Haingrund
Geographische Lage, 9° 5′ 2″ O
Höhe337 m ü. NHN
VorhergehendORL 46b Kastell Lützelbach (nordöstlich)
AnschließendORL 47 Kastell Hainhaus (südlich)

Lage

Lage des Kastells
zur Zeit der RLK um 1895
Durch die Grabungen der RLK 1895 ermittelter Grundriss des Kastells
Heutiger Pass der L 3106

Das heutige Bodendenkmal befindet sich auf einem Gebirgssattel innerhalb eines ausgedehnten Waldstückes zwischen den Lützelbacher Ortsteilen Breitenbrunn und Haingrund. Es liegt dort unmittelbar nördlich der Landesstraße 3106, westlich des heutigen Sportplatzes. Der Sattel, der heute von der L 3106 als Pass genutzt wird, dürfte auch in antiker Zeit einen nicht unbedeutenden Gebirgsübergang dargestellt haben, zu dessen Überwachung das Kastell gedient haben wird.

Forschungsgeschichte

Schon Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Johann Friedrich Knapp im Auftrag des Grafen Franz I. zu Erbach-Erbach Ausgrabungen an dem Kastell durchgeführt. Weitere Untersuchungen folgten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Gustav Dieffenbach und Robert Schäfer im Auftrag des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine sowie 1888 durch Friedrich Kofler im Auftrag des Historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen. 1895 schließlich erfolgte die Ausgrabung durch die Reichs-Limeskommission (RLK).

Befunde

Die Ausgrabungen der RLK ergaben, dass es sich bei dem Kleinkastell Windlücke um ein annähernd quadratisches Steinkastell handelte, das mit einer Seitenlänge von etwa 13,5 Metern eine Fläche von rund 180 Quadratmetern bedeckte. Bei einer Mauerstärke von einem Meter sprang das 70 Zentimeter tief in den Boden reichende Fundament beidseitig um 25 bis 44 Zentimeter vor. Das einzige Tor – mit einer Durchgangsbreite von 2,32 Meter – war nach Osten, zur nur 27 Meter entfernten Grenzpalisade hin ausgerichtet. Ein Befestigungsgraben war nicht vorhanden. Das Kleinkastell Windlücke dürfte einer Besatzung von maximal 20 Mann Platz geboten haben. Heute ist im Gelände nichts mehr zu erkennen, jedoch wurde der ehemalige Kastellplatz mit Infotafeln ausgewiesen.[2]

Limesverlauf zwischen dem Kleinkastell Windlücke und dem Kastell Hainhaus

Vom Kleinkastell Windlücke aus zum südlich folgenden Kastell Hainhaus hin verläuft der Limes ausschließlich durch bewaldetes Gelände und steigt dabei kontinuierlich um insgesamt 120 Höhenmeter an.

ORL[A 1]Name/OrtBeschreibung/Zustand
KK[3]Kleinkastell Windlückesiehe oben
Wp 10/10[A 2]„In der Klinge“
Lage des Wp 10/10 zur Zeit der RLK
Gut sichtbare und teilrekonstruierte Turmstelle aus einem Stein- und zwei Holzturmhügeln.[A 3]
Der quadratische Steinturm besaß eine Seitenlänge von 5,25 Meter, die Mauerstärke betrug 80 cm.
Der nördliche Holzturm befand sich auf einem Trockenmauerfundament, das bei einer Stärke von 75 Zentimeter ebenfalls über eine Seitenlänge von 5,25 Meter verfügte. Er war von einem Ringgraben umgeben, der bereits zur Zeit der Reichs-Limeskommission schon stark eingeebnet war.
Die Konstruktionsmerkmale des südlichen Holzturms entsprachen denen des nördlichen. Umgeben war er von einem zum Teil über zwei Meter tiefen Ringgraben, dessen Durchmesser (Außenrand) 26 Meter betrug (Sohle-Sohle: 16,90 Meter).[4][A 4]
Wp 10/11„Auf der Sellenplatte“
Lage der Turmstellen des Wp 10/11
Konserviertes Steinturmfundament und gut erhaltene Holzturmstelle.[A 5]
Der heute konservierte, quadratische Steinturm verfügte über eine Seitenlänge von 5,10 Meter, die Fundamente sprangen 30 cm weit vor.
Der unmittelbar südlich des Steinturms befindliche, nicht ausgegrabene Holzturmhügel besitzt einen Durchmesser von 18 Meter.[5][A 6] Der Steinturm wurde 1986 erneut ausgegraben, seine Grundmauern wurden konserviert und rekonstruiert.
Wp 10/12„In den Dickhecken“
Oberflächenprofil der Holzturmstelle von Wp 10/12
Eine Holzturmstelle mit einem Ringgraben (Außendurchmesser 22 Meter, Sohle-Sohle 16 Meter) und eine stark zerstörte Steinturmstelle.[A 7]

Beide wurden nicht archäologisch untersucht, sondern nur aufgrund der Erdoberflächenbeschaffenheit festgestellt.[6]

Wp 10/13„In den Erlen“Flacher Holzturmhügel mit einem Graben von 18 Meter Durchmesser.[A 8] Der heute noch sichtbare Hügel wurde nicht ausgegraben, ein Steinturm konnte nicht festgestellt werden.[7][A 9]
ORL 47[A 10]Kastell Hainhaussiehe Hauptartikel Kastell Hainhaus

Denkmalschutz

Das Kleinkastell Windlücke und die anschließenden Limesbauwerke sind Bodendenkmale nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.

Siehe auch

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Odenwaldstrecke (Odenwaldkreis). In: Die Römer in Hessen. Lizenzausgabe, Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-58-9, S. 417f.
  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0, S. 183f.
  • Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey (Hrsg.): Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches, Abteilung A, Band 5: Strecke 10 (Der Odenwaldlimes von Wörth am Main bis Wimpfen am Neckar), 1926, 1935.
  • Christian Fleer: Typisierung und Funktion der Kleinbauten am Limes. In: Egon Schallmayer (Hrsg.): Limes Imperii Romani. Beiträge zum Fachkolloquium „Weltkulturerbe Limes“ November 2001 in Lich-Arnsburg. Bad Homburg v. d. H. 2004, ISBN 3-931267-05-9, S. 75–92, (Saalburg-Schriften 6)
  • Margot Klee: Der römische Limes in Hessen. Geschichte und Schauplätze des UNESCO-Welterbes. Pustet, Regensburg 2009, ISBN 978-3-7917-2232-0, S. 186f.
  • Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5, S. 82–85.
  • Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Neueste Forschungsergebnisse. Beiträge zum wissenschaftlichen Kolloquium am 19. März 2010 in Michelstadt. Saalburgmuseum, Bad Homburg 2012, ISBN 978-3-931267-07-0 (Saalburg-Schriften, 8)
Commons: Kleinkastell Windlücke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Limeswachturm Wp 10/10 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Limeswachturm Wp 10/11 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Limeswachturm Wp 10/12 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Limeswachturm Wp 10/13 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Anmerkungen