Kabinett Poincaré II

Das zweite Kabinett Poincaré war eine Regierung der Dritten Französischen Republik. Es wurde am 15. Januar 1922 von Premierminister (Président du Conseil) Raymond Poincaré gebildet und löste das Kabinett Briand VII ab. Es blieb bis zum 29. März 1924 im Amt und wurde daraufhin vom Kabinett Poincaré III abgelöst.

Raymond Poincaré war von 1912 bis 1913, 1922 bis 1924 sowie 1926 bis 1929 drei Mal Premierminister Frankreichs sowie zwischen 1913 und 1920 Staatspräsident
Kabinett Poincaré II

Dem Kabinett gehörten Minister des Bloc national (Parti républicain démocratique et social (PRDS), Fédération républicaine (FR) und Radicaux indépendants (RI)) sowie Einzelvertreter der Parti républicain, radical et radical-socialiste (PRRSS) und der Parti républicain-socialiste (PRS) an.

Kabinett

Dem Kabinett gehörten folgende Minister an:

AmtNameParteiBeginn der AmtszeitEnde der Amtszeit
PremierministerRaymond PoincaréPRDS15. Januar 192229. März 1924
AußenministerRaymond PoincaréPRDS15. Januar 192229. März 1924
InnenministerMaurice MaunouryPRDS15. Januar 192229. März 1924
JustizministerLouis Barthou
Maurice Colrat[1]
PRDS
PRDS
15. Januar 1922
5. Oktober 1922
5. Oktober 1922
29. März 1924
FinanzministerCharles de Lasteyrie[2]FR15. Januar 192229. März 1924
KriegsministerAndré MaginotPRDS15. Januar 192229. März 1924
MarineministerFlaminius Raiberti[3]FR15. Januar 192229. März 1924
Minister für öffentlichen Unterricht und schöne KünsteLéon BérardPRDS15. Januar 192229. März 1924
Minister für öffentliche ArbeitenYves Le TrocquerPRDS15. Januar 192229. März 1924
ArbeitsministerAlbert Peyronnet[4]PRRRS15. Januar 192229. März 1924
Minister für Gesundheit, Wohlfahrt und SozialversicherungPaul Strauss[5]RI15. Januar 192229. März 1924
Minister für Handel und IndustrieLucien Dior[6]PRDS15. Januar 192229. März 1924
KolonialministerAlbert SarrautPRRRS15. Januar 192229. März 1924
LandwirtschaftsministerHenry ChéronPRDS15. Januar 192229. März 1924
PensionsministerAndré MaginotPRDS15. Januar 192229. März 1924
Minister für befreite GebieteCharles Reibel[7]PRDS15. Januar 192229. März 1924
Generalkommissar für Krieg, Körpererziehung und militärische VorbereitungHenry Paté[8]11. Januar 192429. März 1924

Unterstaatssekretäre

Dem Kabinett gehörten folgende Sous-secrétaires d’État an:

  • Premierminister und Äußeres (bis 5. Oktober 1922): Maurice Colrat (PRDS)
  • Technische Bildung: Gaston Vidal[9] (PRS)
  • Finanzministerium (ab 20. März 1923): Alain Albert Leret d’Aubigny[10]
  • Post und Telegraphie: Paul Laffont[11] (PRRRS)
  • Luftfahrt und Luftverkehr: Laurent Eynac (RI)
  • Häfen, Handelsmarine und Fischerei: Alphonse Rio[12] (PRS)

Historische Einordnung

1922

Das Washingtoner Flottenabkommen vom 6. Februar begrenzte den Flottenausbau. Am 1. März wurde der Grundstein für die Große Pariser Moschee gelegt. Ende Juni fand in Saint-Étienne der erste Kongress der Confédération générale du travail unitaire statt. Diese (kommunistische) Gewerkschaft hatte sich in der folge des Kongresses von Tours von der Confédération générale du travail abgespalten.[A 1][13] Am 28. November kamen in Frankreich erstmals Flüchtende aus Armenien an, was der Beginn einer Flüchtlingsbewegung wegen des Völkermords an den Armeniern war.[14]

1923

Bei der Konferenz von Paris zu Beginn des Jahres konnten die Alliierten keine Einigung über die Frage der deutschen Reparationen erzielen. Poincaré kündigte an, dass Frankreich sich über den britischen Widerstand hinwegsetzen und das Ruhrgebiet besetzen lassen wird, um die Aktivitäten der Fabriken und Bergwerke in der Region zu kontrollieren.[15] Am 11. Januar besetzten französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet und forderten die Zahlung der Kriegsschulden durch Deutschland. Ab dem 19. Januar organisierte sich ein passiver Widerstand in Form von weit verbreiteten Streiks, der von der Weimarer Republik finanziert wurde. Der passive Widerstand wurde durch Gustav Stresemann am 25. September beendet.[16]

Am 24. März wurde der Code de l’indigénat in Togo eingeführt.[17]

Am 17. Dezember schlug die Parti communiste français (PCF) der Section française de l’Internationale ouvrière (SFIO vor), für die nächsten Wahlen einen Arbeiter- und Bauernblock zu bilden. Die Sozialisten lehnten dies ab und entschieden sich für das Cartel des gauches.[18]

1924

Poincaré auf dem Titel der Time 1924

Auf der ersten Sitzung des Dawes-Komitees für deutsche Schulden von Januar bis April wurden die von Deutschland geschuldeten Kriegsschäden reduziert.[19]

Poincaré begegnete der finanziellen Krise des Staates einerseits mit Steuererhöhungen und andererseits mit Anleihen bei der Morgan-Bank.[20]

Eine Abstimmungsniederlage im Zusammenhang mit dem Gesetz vom 10. Dezember 1924 über die Versicherung gegen Alter und vorzeitigen Tod[21][22] führte zum Rücktritt des Kabinetts.

Anmerkungen

Einzelnachweise