Jörg Dräger

deutscher Physiker, Politiker und Manager

Jörg Dräger (* 1. Januar 1968 in Darmstadt) ist ein deutscher Physiker, parteiloser Politiker und Manager.[1][2] Von 2001 bis 2008 war er Senator der Freien und Hansestadt Hamburg.[3] Bis Ende 2021 gehörte er dem Vorstand der Bertelsmann Stiftung an und war dort für Bildung, Integration und Digitalisierung zuständig.[4][5] Dräger gilt als Experte für diese Bereiche und hat mehrere Bücher zu bildungspolitischen Themen verfasst, unter anderem zu den Auswirkungen der Digitalisierung.[6][7][8][9][10] Seit 1. April 2022 ist Dräger Geschäftsführender Stiftungsrat der Kühne-Stiftung.[11][12]

Jörg Dräger (2017)

Leben

Dräger machte 1987 in Hamburg Abitur am Christianeum und danach Zivildienst.[13][14] Anschließend studierte Dräger Physik und im Nebenfach Betriebswirtschaft an der Universität Hamburg.[2] Nach dem Vordiplom wechselte er an die Cornell University nach Ithaca, New York.[15] Dort erwarb Dräger 1993 den Master of Science in Theoretischer Physik und wurde drei Jahre später promoviert zum Doctor of Philosophy mit einer Arbeit aus der mathematischen Kristallographie.[14] Parallel zum Studium und der Promotion arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent.[15]

Dräger ist verheiratet und hat zwei Kinder.[16][17]

Karriere

1996 trat Dräger eine Stelle als Unternehmensberater bei Roland Berger in Frankfurt am Main an,[18][19] bevor er 1999 als Geschäftsführer des neu gegründeten Northern Institute of Technology nach Hamburg zurückkehrte.[14][20] Das Institut war eine der ersten öffentlich-privaten Partnerschaften im deutschen Hochschulbereich und zeichnet sich durch einen interdisziplinären Ansatz aus.[21][22][23][24]

Öffentliche Ämter

2001 wurde Dräger als parteiloser Senator für Wissenschaft und Forschung in die Landesregierung der Freien und Hansestadt Hamburg unter Ole von Beust berufen.[25][26] Er sprach sich für Studiengebühren und mehr Wettbewerb der Hochschulen untereinander aus,[27] um ihre Finanzierung dauerhaft sicherzustellen.[28] Die Vorschläge stießen bei Studierenden und Lehrenden auf heftige Kritik.[29][30]

Nach der vorgezogenen Bürgerschaftswahl 2004 übernahm Dräger im Senat von Beust II die Ressorts Wissenschaft und Gesundheit.[14][31] Unter seiner Verantwortung führte Hamburg 2006 als fünftes Bundesland Studiengebühren ein.[32][33][34] Drägers Ziel war eine grundlegende Reform der Hamburger Hochschulen,[35] er förderte Gründungen neuer und Zusammenschlüsse bestehender Hochschulen.[14] Dieser Kurs gilt rückblickend als umstritten:[36] Während Befürworter seine Kompetenz und Zielstrebigkeit lobten, monierten Kritiker unter anderem Kürzungen bei den Geisteswissenschaften.[37] 2008 belegte Dräger im „Minister-Ranking“ des Deutschen Hochschulverbands den letzten Platz, ein Jahr später stand er wieder an sechster Stelle.[38][39]

Die Verantwortung für den Bereich Gesundheit gab Dräger im Jahr 2006 an die Senatorin Birgit Schnieber-Jastram ab.[40] Nach der Bürgerschaftswahl 2008 kündigte er an, auf eine weitere Amtszeit zu verzichten.[41] Diese Entscheidung bedauerte unter anderem Klaus von Dohnanyi in einem Kommentar für das Hamburger Abendblatt, weil die Stadt dadurch ihren „vermutlich wirkungsvollsten Wissenschaftssenator seit 1945“ verliere.[42] Andere Medien zeigten sich dagegen erleichtert, dass der „Bulldozer im Dreiteiler“ (taz) die Politik verlasse.[43]

Bertelsmann Stiftung

Dräger wurde 2008 Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung.[44][45] Er verantwortet die Bereiche Bildung, Integration und Digitalisierung. Zusätzlich übernahm er die Geschäftsführung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), das auf eine Initiative der Bertelsmann Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz zurückgeht.[46][47] In dieser Funktion gehört er auch dem Hochschulforum Digitalisierung seit seiner Gründung an.[48] 2021 schied Dräger aus dem Vorstand der Bertelsmann Stiftung aus, um sich einer neuen Aufgabe im internationalen Umfeld zu widmen.[49]

Dräger setzte sich unter anderem für die Unabhängigkeit der Hochschulen ein.[50] Er forderte eine bessere Ausstattung von Brennpunktschulen und drängte darauf, das Bildungssystem in ländlichen Regionen an den demografischen Wandel anzupassen.[51][52] Dräger befürwortet die Ganztagsschule,[53] digitale Medien betrachtet er als Hilfsmittel für eine bessere Pädagogik.[54] Zudem plädiert er für eine Reform der Kindergrundsicherung durch Einführung eines Teilhabegeldes.[55]

Mandate

Dräger lehrt Public Management an der Hertie School of Governance.[56][57] Er berät junge Gründer in der gemeinnützigen Founders Foundation, die ihren Fokus auf der Förderung der Start-up-Szene von Ostwestfalen hat,[58] und engagiert sich als Mitglied des Kuratoriums der Deutschen Wildtier Stiftung auch im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes.[59]

Früher war Dräger Mitglied im Board of Governors der privaten, staatlich anerkannten Jacobs University Bremen.[60] Er war zudem stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration.[61] Dräger sprach sich für eine stärkere Zuwanderung aus,[62][63] andernfalls werde Deutschland den internationalen Wettbewerb um Fachkräfte verlieren.[64]

Schriften

  • Jörg Dräger, Robert H. Silsbee: Simulations for Solid State Physics. An Interactive Resource for Students and Teachers. Cambridge University Press, Cambridge 1997, ISBN 978-0-521-59094-5 (englisch).
  • Jörg Dräger: Dichter, Denker, Schulversager. Gute Schulen sind machbar – Wege aus der Bildungskrise. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2011, ISBN 978-3-421-04529-4 (mit einer politischen Gebrauchsanweisung von Klaus von Dohnanyi).
  • Jörg Dräger, Christina Tillmann, Frank Frick: Wie politische Ideen Wirklichkeit werden. Ein Lehr- und Praxisbuch. Nomos Verlag, Baden-Baden 2014, ISBN 978-3-8487-1613-5.
  • Jörg Dräger, Ralph Müller-Eiselt: Die digitale Bildungsrevolution: Der radikale Wandel des Lernens und wie wir ihn gestalten können. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2015, ISBN 978-3-421-04709-0.
  • Jörg Dräger, Ralph Müller-Eiselt: Wir und die intelligenten Maschinen. Wie Algorithmen unser Leben bestimmen und wir sie für uns nutzen können. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019, ISBN 978-3-421-04841-7.
Commons: Jörg Dräger – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise