Gemeindereform Brandenburg 2003

Gebietsreform

Die Gemeindegebietsreform in Brandenburg führte zur Auflösung der meisten bisher flächendeckend bestehenden Ämter und zur Bildung größerer Gemeinden. Sie wurde hauptsächlich durch sechs Gesetze des Landes Brandenburg und weitere freiwillige Vereinbarungen zwischen den Gemeinden geregelt, die alle am 26. Oktober 2003 in Kraft traten.

Da die Neugliederungsgesetze oft zum unfreiwilligen Verlust der Selbständigkeit führten, legten einige Gemeinden Verfassungsbeschwerden vor dem Verfassungsgericht des Landes Brandenburg ein, die aber letztlich erfolglos blieben.

Hintergründe

Ausgangslage

Am 31. Dezember 1999 gab es im Land Brandenburg 1.479 Gemeinden, von diesen hatten 861 Gemeinden weniger als 500 Einwohner, was einem Anteil von 58,2 % entsprach. Zudem weist das Bundesland Brandenburg eine insgesamt eher geringe Bevölkerungsdichte auf. Dies führte zu Schwierigkeiten bezüglich des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, weshalb viele Gemeinden im Verlaufe des Jahres 1992 in Ämtern zusammengeschlossen und im Dezember 1993 eine Kreisreform durchgeführt wurde. 1999 wurden 1.413 Gemeinden in einem der 152 Ämter verwaltet, dem standen lediglich 62 amtsfreie Kommunen und vier kreisfreie Städte entgegen. Laut § 3 Abs. 1 AmtsO soll die Einwohnerzahl eines Amtes die Einwohnerzahl von 5.000 nicht unterschreiten, allerdings war dies bei 28 Ämtern, insbesondere im äußeren Entwicklungsraum Brandenburgs, der Fall.

Zudem führte die gesellschaftliche Entwicklung zu einem Aufbruch der soziologischen Geschlossenheit der Gemeinden, da viele Einwohner außerhalb ihrer Heimatgemeinden arbeiteten, Kinder Schulen in anderen Gemeinden besuchen und freizeitliche Aktivitäten ebenfalls außerhalb der Heimatgemeinde durchgeführt werden. Ein weiteres Problem stellte die Finanzsituation vieler Brandenburgischer Kommunen dar. Insbesondere Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern hatten durch Umlagen auf die Ämter und Landkreise einen geringen finanziellen Handlungsspielraum. Dazu kam, dass insbesondere bei Kleinstgemeinden mit unter 500 Einwohner die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Mitverwaltung abnahm. Bei den Kommunalwahlen am 27. September 1998 fanden bei einem Drittel aller Kleinstgemeinden keine Wahl der Gemeindevertretung statt, da sich lediglich die Mindestanzahl an Kandidaten für die Kommunalwahl zur Verfügung stellte. Zudem fand in 130 Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern keine Direktwahl eines Bürgermeisters statt.[1] Ein weiteres Problem stellten die Disparitäten zwischen dem Berliner Umland sowie dem ländlichen Raum dar. Der ländliche Raum stellt mit etwa 80 % Anteil an der Gesamtfläche den weitaus größeren Teil Brandenburgs dar, allerdings leben hier nur 28 % der Gesamtbevölkerung, sodass es nur wenige Ober- und Mittelzentren gibt. Bei 12 der 152 brandenburgischen Ämter war der Verwaltungsort nicht Teil des Amtes. Bei Ämtern, die amtsfreie Städte und Gemeinden umschließen, kommt es zudem häufig zu einer Abwanderung der Bewohner ins Umland, sodass die Steuereinnahmen der betroffenen Gemeinden sinken.

Umsetzung

Im September 2000 stellte die Brandenburgs Landesregierung die „Leitlinien für die Entwicklung der Gemeindestruktur im Land Brandenburg“ vor, bei der drei Modelle in Betracht gezogen wurden.[2] Dabei sollten Ämter, die über einen Siedlungskern verfügen und mehr als 5.000 Einwohner besitzen, zu amtsfreien Gemeinden vereinigt werden. Besteht kein zentraler Siedlungskern soll, insbesondere in ländlichen Regionen, das Modell des Amtes beibehalten werden. Ämter sollten jedoch nur gebildet werden, soweit kein Kriterium für die Bildung einer amtsfreien Gemeinde erfüllt werden kann. Weitere Bedingungen für die Bildung eines Amtes waren eine Einwohnerzahl von mehr als 5.000 sowie eine Anzahl von mindestens drei und höchstens sechs amtsangehörigen Gemeinden, wobei die Höchstanzahl der Gemeinden überschritten werden darf, sofern das Amt die Mindesteinwohnerzahl von 5.000 unterschreitet. Zudem sollte bei Gemeindefusionen beachtet werden, dass jede Kommune mindestens 500 Einwohner haben soll. Letztere Lösung umfasst die Eingliederung amtsangehöriger Gemeinden in städtische Zentren.

Die Gemeindegebietsänderungen sollten möglichst auf freiwilliger Basis erreicht werden, weshalb die Gemeinden durch finanzielle Anreize unterstützt wurden.[3] Am 16. März 2001 trat das „Gesetz zur Reform der Gemeindestruktur und zur Stärkung der Verwaltungskraft der Gemeinden des Landes Brandenburg“ in Kraft, in dem Änderungen der Gemeinde- und Amtsverordnung sowie des Kommunalwahlgesetzes vorgenommen wurden. Am 1. November 2002 wurden dem Brandenburger Landtag sechs Gesetzentwürfe zur Neugliederung vorgelegt. Am 5. März 2003 wurden die Neugliederungsanträge beschlossen, diese traten mit der Kommunalwahl vom 26. Oktober 2003 in Kraft.

Kritik

Im Frühjahr 2000 führte das Ministerium des Innern und für Kommunales Brandenburg Regionalkonferenzen in den einzelnen Landkreisen und Kommunen durch, wobei eine Gemeindegebietsreform auf kommunalpolitischer Ebene eher abgelehnt wurde. Durch die am 5. März 2003 verabschiedeten Neugliederungsgesetze wurde eine Grundlage für Zwangseingemeindungen gebildet, Bürgerentscheide, die gegen eine Eingemeindung entschieden, wurden dabei nicht beachtet.

Nach den Zwangseingemeindungen kam es in den betroffenen Gemeinden zu heftigen Protesten. Mehrere Bürgermeister der Landkreise Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald starteten eine Volksinitiative gegen Zwangseingemeindungen, die vom Brandenburger Gemeindetag unterstützt wurde. Insgesamt klagten etwa 100 Gemeinden vor dem Landesverfassungsgericht Brandenburg gegen ihre Auflösungen. Die Gemeinden Herzsprung und Königsberg wurden daraufhin aus der Stadt Wittstock/Dosse wieder ausgegliedert.

Ergebnisse

Insgesamt etwa 700 Gemeinden schlossen sich auf freiwilliger Basis zusammen. Weitere 337 Kommunen waren durch die Neugliederungsgesetze von Zwangseingemeindungen betroffen. Insgesamt wurde die Zahl der Gemeinden von 1.043 auf 422 Gemeinden reduziert. Die zur Devastierung vorgesehenen Gemeinden Diepensee (Landkreis Dahme-Spreewald) und Haidemühl (Landkreis Spree-Neiße) erhielten bis zu ihrer Abbaggerung einen Sonderstatus, wurden jedoch von den Gemeinden Schönefeld bzw. Spremberg verwaltet. Die Zahl der Ämter sank auf 54.

Überblick über die Neugliederungsmaßnahmen

Landkreis Barnim

Landkreis Dahme-Spreewald

Landkreis Elbe-Elster

Landkreis Havelland

Landkreis Märkisch-Oderland

Landkreis Oberhavel

Landkreis Oberspreewald-Lausitz

Landkreis Oder-Spree

Landkreis Ostprignitz-Ruppin

Landkreis Potsdam-Mittelmark

Landkreis Prignitz

Landkreis Spree-Neiße

Landkreis Teltow-Fläming

Landkreis Uckermark

Anmerkungen

Einzelnachweise