Dieffenbacher (Unternehmensgruppe)

deutsches Familienunternehmen im Bereich Maschinen- und Anlagenbau

Die Dieffenbacher Holding GmbH & Co. KG mit Sitz im baden-württembergischen Eppingen ist die Konzernmutter der Dieffenbacher Gruppe, eines 1873 gegründetes Familienunternehmens im Bereich Maschinen- und Anlagenbau, das Pressensysteme und komplette Produktionsanlagen für die Holz-, Composite-, Metall- und Recyclingindustrie entwickelt und herstellt sowie Kraftwerke und Lösungen für die Energiegewinnung für die chemische und petrochemische Industrie realisiert. Dieffenbacher beschäftigt über 1.850 Mitarbeiter und ist weltweit an 19 Produktions-, Service- bzw. Vertriebsstandorten tätig.

Dieffenbacher Holding GmbH & Co. KG

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RechtsformGmbH & Co. KG
Gründung1873
SitzEppingen, Deutschland
LeitungChristian Dieffenbacher, Lukas Langer, Volker Kitzelmann, Lothar Fischer
Mitarbeiterzahl1.850[1]
Umsatz389,2 Mio. EUR[2]
BrancheMaschinenbau
Websitewww.dieffenbacher.com
Stand: 31. Dezember 2021

Geschichte

Jakob Dieffenbacher gründete 1873 das Unternehmen Dieffenbacher.

Im Jahr 1873 gründete der Schlossermeister Jakob Dieffenbacher im Alter von 26 Jahren in Eppingen das Unternehmen Dieffenbacher. Der kleine Betrieb führte verschiedenste Schlosserarbeiten durch sowie Reparaturen jeglicher Art – vor allem für Maschinen, die in der Landwirtschaft eingesetzt wurden.

Gegen 1900 stellte das Unternehmen auch Herde, Öfen und Kassenschränke her, die noch heute in nordbadischen Kreditinstituten zu finden sind.

Nach ihrer Meisterprüfung traten die beiden Söhne und Schlossermeister Wilhelm und Friedrich Dieffenbacher in zweiter Generation in das Familienunternehmen ein. Wilhelm und Friedrich übergaben die Schlosserei in der Eppinger Altstadt 1910 an Bruder Heinrich Dieffenbacher. In der Heilbronner Straße entstand gleichzeitig eine Fabrik, die Wilhelm und Friedrich leiteten. Es folgte eine Umbenennung des Unternehmens in Maschinenbauanstalt J. Dieffenbacher-Söhne. In jener Zeit wandelte sich die Produktpalette hin zu Industrieerzeugnissen. Der Schwerpunkt der Fertigung lag auf hydraulischen Speiseöl-, Obst- und Weinpressen. Aus der Maschinenbauanstalt wurde mit zunehmender Maschinenfabrikation 1914 namentlich die Maschinenfabrik.[3]

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs weitete Dieffenbacher das Ölpressen- und Ölanlagengeschäft aus. Mitte der 1920er Jahre baute Dieffenbacher die ersten hydraulischen Pressen für Bakelitmassen für die Kunststoffindustrie.

Nach dem Zweiten Weltkrieg spezialisierte sich die Maschinenfabrik auf Schwermaschinenbau. Im Jahr 1949 baute Dieffenbacher seine erste Spanplattenpresse.[4]

1952 traten Albert und Gerhard Dieffenbacher in das Unternehmen ein und übernahmen die Geschäftsführung in dritter Generation. In den 1950ern fasste das Unternehmen in der Holzindustrie Fuß und entwickelte und fertigte neben Spanplattenpressen nun auch Furnierpressen. Zudem wurden Sperrholzanlagen und Dekoranlagen zur Veredelung von Spanplatten in das Produktprogramm aufgenommen. 1956 erhielt Dieffenbacher die ersten Exportaufträge aus dem europäischen Ausland.

In den 1960er Jahren weitete sich der Export rasant über Europa hinaus u. a. in die USA, nach Brasilien, Mexiko und in weitere Länder aus. Außerdem entwickelte Dieffenbacher Tuschierpressen mit schwenkbarer Stößelplatte und ausfahrbarem Tisch, ein Vorläufer der heutigen Tryoutpresse. Ab 1960 baute das Familienunternehmen neben Bakelitpressen und Thermoplast-Spritzmaschinen-Pressen zur Verarbeitung von faserverstärkten Polyesterkunststoffen und entwickelte sich in den 1970er Jahren zum Marktführer auf diesem Gebiet.

Mitte der 1970er Jahre konstruierte Dieffenbacher eine kontinuierlich arbeitende Kaltvorpresse, die für das Unternehmen ein großer Schritt zur kontinuierlichen Herstellung von Spanplatten war.

1980 trat Wolf-Gerd Dieffenbacher (* 1951) in vierter Generation in das Unternehmen ein.[5] Er entwickelte das Unternehmen zum internationalen Komplettanlagenbauer. Dieffenbacher wuchs durch eine Reihe von Neugründungen, Firmenübernahmen und den Ausbau von Tochtergesellschaften, Vertriebsbüros und Servicestandorten.

1999 baute Dieffenbacher den Bereich Umformtechnik/Kunststoffe durch die Entwicklung des Direktverfahrens für langfaserverstärkte thermoplastische Kunststoffe (LFT-D) weiter aus.

Seit 2010 produziert das Unternehmen Maschinen zur Strom- und Wärmeerzeugung aus Holzabfällen und zur Trocknung von Schlämmen aus der Bioethanolproduktion.[5] 2011 erhielt Dieffenbacher den AVK Innovationspreis für die Entwicklung des Direktverfahrens zur Herstellung von SMC-Bauteilen. Zudem führte das Unternehmen die HP-RTM Anlage im Markt ein. 2014 gründete Dieffenbacher den Bereich Recycling. Der Fokus in diesem Geschäftsfeld liegt auf der Herstellung von Gesamtanlagen zur Aufbereitung verschiedener Reststoffe. Im Jahr 2015 folgte ein weiterer Meilenstein im Holzsektor. Dieffenbacher führte die CPS+, die neue kontinuierlichen Presse zur Herstellung von Holzwerkstoffplatten ein, eine Weiterentwicklung des erfolgreichen Pressensystems CPS.

2016 trat Christian Dieffenbacher in die Geschäftsführung ein, nachdem er zwei Jahre als Berater tätig gewesen war. Damit läutete das Unternehmen den Beginn der fünften Generation ein. Im selben Jahr entwickelte Dieffenbacher die Tailored Blank Line, eine Lösung zur Großserienfertigung lokal verstärkter thermoplastischer Bauteile, die aus der Fibercon und Fiberforge – die bis dato schnellste Tapelegeanlage der Welt – besteht.[6][7]

2023 übernahm Dieffenbacher den Vorarlberger Kraftwerksbauer Bertschenergy mit Sitz in Bludenz, Österreich. Dadurch erweiterte das Unternehmen seine Geschäftsfelder um den Bereich Energy und bietet Kraftwerke für unterschiedliche Brennstoffe zur Stromerzeugung und Wärmegewinnung sowie Technologien für verschiedene Industrien an.[8]

Lukas Langer, Enkel von Albert Dieffenbacher, wird im Jahr 2024 als CFO in die Geschäftsführung berufen.[9]

Geschäftsfelder

Die Geschäftsfelder der Dieffenbacher Gruppe gliedern sich im Wesentlichen in vier Bereiche:[7]

Wood (Holzwerkstoffplattentechnik)

Die Dieffenbacher Business Unit Wood plant und fertigt Gesamtanlagen für die Holzwerkstoffindustrie. Hergestellt werden Anlagen zur Produktion von Spanplatten, Mitteldichten Holzfaserplatten (MDF), Hochdichten Faserplatten (HDF), Grobspanplatten (OSB/OSL) sowie Furnierschichtholz (LVL). Der Lieferumfang von Dieffenbacher reicht von der Zerkleinerung des angelieferten Holzes über das Pressen der Platten bis hin zu deren Oberflächenveredelung. Eine Gesamtanlage zur Produktion von Holzwerkstoffplatten umfasst typischerweise Energieerzeugungsanlagen, Zerkleinerungsmaschinen, Trockner, Siebe und Sichter, die Beleimung, die Steuerung, den Formstrang, taktgebundene oder kontinuierliche Pressensysteme, Beschichtungsanlagen, Endfertigungs-, Lager- und Prozessleitsysteme sowie Online-Wartungssysteme. Der Aftersales Service und Anlagenmodernisierungen sind ebenfalls Teil des Leistungsspektrums der Business Unit Wood.[10]

Forming (Umformtechnik)

Der Geschäftsbereich Forming entwickelt Methoden, Prozesse und vollständig automatisierte Produktionsanlagen zur Herstellung faserverstärkter Bauteile. Produktionsverfahren sind u. a. das Long Fiber Thermoplast Molding (LFT), Sheet Molding Compound (SMC) und High-Pressure Resin Transfer Molding (HP-RTM). Für die wirtschaftliche Großserienfertigung von Karbonbauteilen im HP-RTM-Verfahren fertigt Dieffenbacher z. B. voll automatisierte schlüsselfertige Produktionslinien, die ein Preform Center umfassen. Ergänzend werden Produktionslinien für Hybridbauteile und Anlagen für das Nasspressverfahren hergestellt. Dieffenbacher liefert dabei alle Bestandteile für schlüsselfertige Anlagen: von der hydraulischen Presse über die gesamte Automatisierung bis hin zu Komponenten für die ressourcensparende Herstellung von Halbzeugen im Direktverfahren. Ebenso gehört die Modernisierung von Anlagen und Anlagenkomponenten zum Geschäftsfeld Composites.[11]In der Weiterentwicklung und Kombination von Composite Verfahren nimmt Dieffenbacher eine führende Rolle ein. Dazu arbeitet das Unternehmen eng mit unabhängigen Forschungsinstituten zusammen und realisiert mit Kunden gemeinsame Forschungsprojekte.Der Forming-Bereich umfasst zudem Systeme für die Metallumformung, wie die Entwicklung und Realisierung von hydraulischen Umformpressen und Pressenstraßen für das Umformen von z. B. Blechen und Edelstahl, Systemen zum Prägen von gelöteten, geschweißten und verschraubten Plattenwärmetauschern aus Edelstahl, Tryout Pressen für die Werkzeugeinarbeitung, die Planung und Entwicklung von Presswerkzeugen sowie Anlagenautomatisierungen.[12]

Recycling

Der Dieffenbacher Geschäftsbereich Recycling entwickelt und produziert komplette Recyclinganlagen zur mechanischen und biologischen Aufbereitung von Industrie- und Haushaltsabfällen für die Gewinnung von Sekundärrohstoffen oder Energie. Für die Aufbereitung von Altholz entwickelt Dieffenbacher beispielsweise Anlagenkonzepte von der Zerkleinerung über die Trocknung, Siebung und Sichtung bis hin zu Brennersystemen und der Absaugtechnik.[13]

Energy

Der Geschäftsbereich Energy plant, entwickelt und realisiert Kraftwerksanlagen und Modernisierungen für Festbrennstoff-befeuerte, Gas- und Flüssigbrennstoff-befeuerte Kraftwerke sowie Abhitze-Systeme und Prozessapparate mit Wärmerückgewinnung.[14]

Unternehmen und Standorte

Stammwerk von Dieffenbacher in Eppingen
Unternehmen der Dieffenbacher Gruppe[15]
UnternehmenStandortFunktion
Dieffenbacher GmbH Maschinen- und AnlagenbauEppingen, DeutschlandUnternehmenszentrale, Produktions-, Vertriebs- und Servicestandort
Dieffenbacher Industriemarketing GmbHEppingen, DeutschlandMarketingdienstleistungen
Dieffenbacher GmbH

Maschinen- und Anlagenbau

Betriebsstätte Leverkusen

Leverkusen, DeutschlandEntwicklungsstandort für Trockner, Sichter und Umweltsysteme, Vertriebsstandort, Servicestandort
B. Maier Zerkleinerungstechnik GmbHBielefeld, DeutschlandEntwicklungsstandort für Zerkleinerungsmaschinen, Vertriebsstandort, Servicestandort
Jung Werkzeugbau GmbHÖtigheim, DeutschlandProduktionsstandort
Dieffenbacher do BrasilCuritiba, BrasilienServicestandort
Dieffenbacher Machinery Services

(Beijing) Co., Ltd.

Peking, ChinaVertriebsstandort, Servicestandort
Shanghai Wood-based Panel Machinery Co., LtdShanghai, ChinaEntwicklungsstandort für Holzwerkstoffanlagen 4 ft, Produktionsstandort, Vertriebsstandort, Servicestandort
Dieffenbacher Panelboard OyNastola, FinnlandEntwicklungsstandort für Siebung, Reinigung, Streuung, Endfertigung, Vertriebsstandort, Servicestandort
Dieffenbacher India Pvt. Ltd.Bangalore, IndienVertriebsstandort
Dieffenbacher North America, Inc.Ontario, Windsor, KanadaProduktionsstandort
Dieffenbacher Asia Pacific SDN. BHD.Petaling Jaya, MalaysiaServicestandort
000 Dieffenbacher MoskauMoskau, RusslandVertriebsstandort, Servicestandort
Dieffenbacher CZ hydraulické lisy, s.r.o.Brünn, Tschechische RepublikProduktionsstandort
Dieffenbacher TH Ltd.Bangkok, ThailandServicestandort
Dieffenbacher Customer Support, LLCAlpharetta, USAServicestandort
Dieffenbacher Energy GmbHBludenz, ÖsterreichEntwicklungs- und Vertriebsstandort
Dieffenbacher Energy GmbHWien, ÖsterreichVertriebsstandort
Dieffenbacher Polska Sp. z o.o.Sosnowiec, PolenEngineeringstandort
Dieffenbacher GmbH Maschinen und Anlagenbau Turkey Liaison OfficeServicestandort

Dieffenbacher Pressen

Wirtschaftsdaten

2009 wuchs der Umsatz des Unternehmens um zehn Prozent auf 323 Millionen Euro trotz Finanzkrise.[16] Das Eigenkapital wuchs um 6 Millionen €.[17] Dieffenbacher kaufte Firmen und die Zahl der Beschäftigten stieg um 670 auf weltweit 1689.[16] "Mit dem Kauf des Mehrheitsanteils der Shanghai Wood Based Panel Machinery Co., Ltd. (SWPM) im ersten Halbjahr 2009, baute Dieffenbacher seine Führungsrolle auf dem chinesischen Markt aus."[17]

2010 betrug der von rund 1.600 Beschäftigten – 900 allein in Deutschland – erwirtschaftete Umsatz 330 Millionen Euro, bei einer Exportquote von über 70 Prozent. Der Export erfolgte hauptsächlich nach China, Russland und Indonesien.[5]

Von 2011 bis 2014 wuchs am Stammsitz Eppingen die Anzahl der Beschäftigten um rund 80 auf über 700.[18] 2017 beschäftigte Dieffenbacher rund 1700 Mitarbeiter weltweit und verzeichnete einen Umsatz von 417 Millionen Euro.[19] Bis 2024 stieg die Zahl der Mitarbeiter der Gruppe auf 1850.[15]

Literatur

  • Gerhard Dieffenbacher: Gründung und Vorgeschichte des Familienunternehmens Dieffenbacher Maschinen und Anlagen. 1. und 2. Generation, Dieffenbacher GmbH + Co., Eppingen 2000
  • Gerhard Dieffenbacher: Die dritte Generation des Familienunternehmens Dieffenbacher Maschinen und Anlagen. 3. Generation, Dieffenbacher GmbH + Co., Eppingen 2003
Commons: Dieffenbacher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise