DNA-Virus

Virus, dessen Erbmaterial aus DNA besteht

Die Einteilung der Viren in Sys­te­matiken ist kontinuier­licher Gegen­stand der For­schung. So existieren neben- und nach­einander ver­schie­dene Virus­klas­sifi­kationen sowie die offi­zielle Virus-Taxo­nomie des Inter­national Com­mit­tee on Taxo­nomy of Viruses (ICTV).Die hier be­han­delte Grup­pe ist als Taxon durch neue For­schungen ob­solet ge­wor­den oder aus an­deren Grün­den nicht Teil der offi­ziel­len Virus-Taxo­nomie.

Als DNA-Virus (Plural DNA-Viren, synonym DNS-Virus) bezeichnet man Viren, deren Erbmaterial (Genom) aus DNA (Abkürzung für englisch desoxyribonucleic acid, „Desoxyribonukleinsäure“) besteht. DNA-Viren ist eine nicht-taxonomische Sammelbezeichnung (Klassifizierung), die keine verwandtschaftlichen Bezüge enthält. Innerhalb der DNA-Viren wurden vom Internationalen Komitee für die Taxonomie von Viren (ICTV) bisher (Stand März 2019) allerdings eine Reihe von Verwandtschaftsgruppen abgegrenzt. Vom Rang her sind dies einige Ordnungen, meist aber nur Familien. Daneben gibt es Vorschläge für weitere Verwandtschaftsgruppen (Kladen), z. h. auch höher als Ordnung (s u.).

Eigenschaften

Die DNA wird bei Viren in Kapside und/oder Virushüllen verpackt, so dass Viruspartikel (Virionen) entstehen. Die DNA kann im Virus doppelsträngig oder einzelsträngig vorliegen, der Strang kann aus nur einem Stück bestehen (nicht-segmentiert) oder auf verschiedene Stücke verteilt sein (segmentiert). Ebenso kann das DNA-Genom zu einem Ring geschlossen sein (zirkulär) oder als offener Strang vorliegen (linear). Das Genom einzelsträngiger DNA-Viren (ssDNA für englisch single strand desoxyribonucleic acid) kann positive, negative oder auch beide Polaritäten besitzen.

Das Genom von DNA-Viren ist im Vergleich zu RNA-Viren meist weniger variabel und gegenüber Umwelteinflüssen oft sehr stabil. Dies liegt an der höheren chemischen Stabilität der DNA gegenüber der RNA und einer geringeren Mutationsrate, da die Enzyme, die zur Vermehrung der DNA dienen (DNA-Polymerasen), eine Korrekturlesefunktion besitzen. Wichtige Ausnahme hiervon sind die Hepadnaviridae (z. B. das Hepatitis-B-Virus), da die Genomreplikation über eine RNA-Zwischenstufe und einer reversen Transkription erfolgt.

Die DNA-Polymerase der DNA-Viren kann vom Virus selbst codiert sein (z. B. bei der Familie Herpesviridae) oder das Virus kann zelluläre Polymerasen zur Vermehrung nutzen (z. B. bei den Papillomaviridae). Letzteres ist bei RNA-Viren ausgeschlossen, diese benötigen stets eine eigene virale Polymerase zur Vermehrung.

Die Koevolution von DNA-Viren und Menschen hat im Menschen verschiedene Resistenzfaktoren hervorgebracht, z. B. TLR-2, RIG-I, MDA-5, AIM-2 und NLRP3.[1]

Die meisten Onkoviren sind DNA-Viren, z. B. manche Herpesviren, manche humane Papillomviren oder das Hepatitis-B-Virus.[2]

Baltimore-Klassifikation

Klassifikation nach einem Vorschlag des Nobelpreisträgers David Baltimore von 1971.

Die Klassifizierung nach den Baltimore-Kriterien identifiziert nicht immer vollständige Verwandtschaftsgruppen (Kladen). Baltimore-Gruppen umfassen oft mehrere Realms, d. h. Bereiche von Viren vermutlich unterschiedlichen Ursprungs. Umgekehrt erstrecken sich manche Virentaxa über mehrere Baltimore-Gruppen, weil etwa dsDNA-Vertreter und ssDNA-Vertreter offenbar naher verwandt sind.

Eine Übersicht über die Verwandtschaftsgruppen der Viren (insbesondere die Top-Level-Taxa), d. h. die taxonomische Systematik findet sich im Artikel Virus-Taxonomie.

Baltimore-Gruppe 1

Viren mit Doppelstrang-DNA-Genom (dsDNA: englisch double stranded DNA), der normalen Genom-Form allen Lebens.[3]Enthaltene Verwandtschaftsgruppen:

Baltimore-Gruppe 2

Viren mit Einzelstrang-DNA-Genom (ssDNA: englisch single stranded DNA), die Virionen enthalten DNA positiver oder negativer Polarität.[25]Enthaltene Verwandtschaftsgruppen:

Sonderfälle Gruppe 1/2

Gruppen mit Vertretern der Baltimore-Gruppen 1 wie auch 2 und unsichere Zuordnung

Literatur

  • Susanne Modrow, Dietrich Falke, Uwe Truyen: Molekulare Virologie. Eine Einführung für Biologen und Mediziner. 2. Auflage. Spektrum-Lehrbuch, Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-1086-X. (mit Literaturangaben, englische Übersetzung, Ausgabe 2006).
  • David M. Knipe, Peter M. Howley et al. (Hrsg.): Fields’ Virology. 2 Bände. 5. Auflage, Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia 2007, ISBN 978-0-7817-6060-7 – Standardwerk der Virologie.
  • H. W. Doerr, W. H. Gerlich (Hrsg.): Medizinische Virologie. 2. Auflage, Stuttgart 2010. ISBN 978-3-13-113962-7.

Einzelnachweise