Der Begriff Burglehn bezeichnete im mittelalterlichen Recht zweierlei:
- eine besondere Lehnsform und
- ein Burggut als abgegrenzten Bezirk vor den Burgmauern.
Sonderform des Lehnswesens
Das Burglehn als spezielle Art des Lehnswesens lässt sich seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts nachweisen. Besonders im 13./14. Jahrhundert diente es als übliche wirtschaftliche Ausstattung der adeligen Burgbesatzung. Sie setzte sich aus dem Burgkommandanten, weiteren (ritterbürtigen) Burgmannen und niederem Hilfspersonal (z. B. Burgpförtner, Türmer) zusammen. Der Unterschied zum normalen Ritterlehn bestand in der zu erbringenden Dienstleistung der Vasallen. Zumeist forderte der Lehnsherr die Burghut – die Bewachung und Verteidigung der Burg ein. Das verband sich in der Regel mit der Residenzpflicht. Die Burgbesatzung wählte die anvertraute Burg als Wohnsitz und hielt sich zumindest zeitweise darin auf.[3][4][5]
Die Burg und ihre Bestandteile waren nicht der Gegenstand des Burglehns. Der Burgherr stellte einen festen Geldbetrag zur Verfügung. Damit wurden Güter erworben, die dem Lehnsherrn als Lehen aufgetragen wurden. Die Erträge daraus finanzierten die Burgbesatzung. Dabei kamen zwei Modalitäten der Auszahlung vor. Ein finanziell gut ausgestatteter Burgherr stellte das Kapital als Einmalzahlung zur Verfügung. Weitaus häufiger wurden Einkünfte des Burgherrn solange verpfändet, bis die Gesamtsumme aufgebracht war. Dabei entsprach der jährliche Kapitalzufluss üblicherweise 10 % des versprochenen Gesamtbetrags. Der Zwischenschritt über Geld entfiel, wenn der Burgherr ihm bereits gehörende Güter an die Burgmannschaft belehnte.[3][2]
Wegen der engen Bindung an die Burg vereinten sich die Burgmannschaften oft zu Rechts- und Gerichtsgenossenschaften. Diese führten mitunter ein eigenes Siegel, beispielsweise in Friedberg (Wetterau). Bei einem Prozess um ein Burglehn trat das Lehnsgericht oft in der jeweiligen Burg zusammen. Während der Verhandlung musste das Burgtor geöffnet sein.[3][6]
Burggut
Ein Burggut (Burghut) war eine Behausung adeliger Burgmannen, die ihnen vom Landesfürsten als Lehen zur Verfügung gestellt wurden. Dafür mussten diese Burgmannen im Kriegsfalle die Stadt mit verteidigen. Aus diesem Grunde wurden die Burggüter oftmals direkt an die Stadtmauer gebaut, um als kleine Vorbastei für die eigentliche Burg zu dienen. Das Gebiet des Burglehns und seine Bewohner standen unter besonderem Recht. Ihr Gerichtsherr war stets der Inhaber der Burg. Das hieß, sie unterlagen weder einer Grundherrschaft noch dem Stadtrecht. Dies galt selbst dann, wenn sich das Burglehn innerhalb der Stadtmauern befand. Nicht selten waren die Burglehnhäuser zugleich Freihäuser. Oft war es zwischen der benachbarten Stadt und den Leuten des Burglehns umstritten, ob diese in ihren Häusern Handwerke ausüben lassen durften, die ansonsten den Zunftregeln unterworfen waren.
Seit dem 17., spätestens aber im 19. Jahrhundert wurden die Burglehnbezirke aufgelöst und der Kommunalverwaltung unterstellt. Manche hatten gleichwohl viel länger existiert als die zugehörigen Burgen, die oft schon vorher ihre militärische Funktion verloren hatten. Heute erinnert in manchen Städten noch ein Straßenname an die Lage des ehemaligen Burgguts.
Siehe auch
Literatur
- Feudum castrense oder Burg-Lehn. In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. Band 9, Leipzig 1735, Sp. 700 f.
- Karl-Friedrich Krieger: Die Lehnshoheit der deutschen Könige im Spätmittelalter (ca. 1200–1437) (= Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. N. F. 23). Scientia, Aalen 1979, ISBN 3-511-02843-4, S. 174–177.
- Karl-Friedrich Krieger: Lexikon des Mittelalters. Band II. Bettlerwesen bis Codex von Valencia. In: Robert-Henri Bautier bis Hartmut Zapf (Hrsg.): Lexikon des Mittelalters. (LexMA). 9 Bände. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2002, ISBN 3-423-59057-2, Burglehen, Sp. 1055–1056.
- Wolfgang Schoberth und die Projektgruppe „denkmal aktiv“ des Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasiums Kulmbach: Die Burggüter – Kulmbachs letzten Rätseln auf der Spur. Weißenstadt 2006, Seite 10f.