Anora (2024)

Film von Sean Baker (2024)

Anora ist ein US-amerikanischer Spielfilm von Sean Baker aus dem Jahr 2024. Die romantische Dramedy mit Mikey Madison in der Hauptrolle wurde im Mai 2024 bei den 77. Internationalen Filmfestspielen von Cannes uraufgeführt und gewann mit der Goldenen Palme den Hauptpreis des Festivals.

Film
TitelAnora
ProduktionslandUSA
OriginalspracheEnglisch
Erscheinungsjahr2024
Länge138 Minuten
Stab
RegieSean Baker
DrehbuchSean Baker
ProduktionSean Baker, Alex Coco, Samantha Quan
MusikMatthew Hearon-Smith
KameraDrew Daniels
SchnittSean Baker
Besetzung
  • Mikey Madison: Anora („Ani“)
  • Mark Eydelshteyn: Ivan („Wanja“)
  • Juri Borissow: Igor
  • Karen Karaguljan: Toros
  • Watsche Towmasjan: Garnick

Handlung

Anora lebt in Brooklyn und verdient ihren Lebensunterhalt als Sexarbeiterin. Als sie den Sohn eines russischen Oligarchen kennenlernt, heiratet sie ihn spontan. Als die Nachricht die Schwiegereltern in Russland erreicht, machen diese sich auf den Weg nach New York, um die Ehe annullieren zu lassen.[1]

Hintergrund

Mikey Madison übernahm die Titelrolle

Anora ist der achte Spielfilm des vielfach preisgekrönten US-amerikanischen Filmregisseurs, -produzenten und Drehbuchautors Sean Baker. Das Werk wird als „romantische Dramedy“ beschrieben[2] und handelt von einer Sexarbeiterin. Die Geschichte soll in einem gehobenen Teil von New York spielen.[3] Erneut arbeitete Baker mit den Filmproduzenten Alex Coco und Samantha Quan[2] sowie Kameramann Drew Daniels zusammen. Ursprünglich hatte er geplant, einen weitaus höher budgetierten Ensemblefilm über die Opioidkrise in den USA zu drehen.[4] Das Thema war zuvor von anderen Film- und Fernsehregisseuren aufgegriffen worden.

Die Dreharbeiten zu Anora fanden über gut zwei Monate in Las Vegas und New York statt und endeten im März 2023. Baker gab an, dass es sich um seine bisher größte Filmproduktion handle. Anora soll dabei etwas mehr als The Florida Project (2017) gekostet haben,[3] dessen Produktionskosten sich auf zwei Millionen US-Dollar beliefen.[5] Thematisch orientiere er sich dabei an seinen bisherigen Filmen, folge aber erstmals vermögenden Protagonisten. Im Mittelpunkt der Handlung soll eine Sexarbeiterin stehen. Die Hauptrolle übernahm die Schauspielerin Mikey Madison. Der Ton des Films sei laut Baker „eher komödiantisch“ gehalten. Kameramann Daniels habe sich bei den Aufnahmen an der klareren Kinoästhetik der 1970er-Jahre[3] und entsprechend alter Erotikfilme bedient[6] („Wir suchen nach einem verschwommeneren, verwascheneren Look für den neuen Film“[6]). Auch wurde Anora auf 35-mm-Material gefilmt.[7]

Ende Juni 2023 nahm Baker am Cinema Jove Festival in Valencia teil, wo er einen Preis für sein Gesamtwerk in Empfang nahm. Dabei berichtete er auch über Anora und, dass es das fünfte Mal sei, dass er sich auf die eine oder andere Weise mit dem Thema Sex auseinandersetzen werde. Baker kritisierte dabei im Zusammenhang, dass es „eine Art Doppelmoral“ bei dem Thema Sex gäbe. „Sex ist überall, schauen Sie sich nur das Phänomen Onlyfans an, aber das heutige Kino hat es als Handlung verworfen. Wir leben […] in einer exhibitionistischen Gesellschaft, die es vermeidet, über ihre Obsession zu sprechen“, so der Filmemacher. Baker zufolge sei „die Erforschung von Sex und Erotik […] etwas, vor dem wir zurückschrecken“ würden. Er vermutete, dass es „vielleicht […] mit dem Aufstieg des Puritanismus in den USA „und im Rest der Welt zu tun“ habe. „Wir haben einen seltsamen Punkt erreicht, an dem wir uns mit Gewalt wohler fühlen als mit Sexualität“, so Baker.[6]

Wie bei Bakers vorangegangenen Film Red Rocket (2021) liegen die weltweiten Verwertungsrechte bei FilmNation Entertainment.[7]

Veröffentlichung und Rezeption

Die Uraufführung von Anora erfolgte am 21. Mai 2024 im Hauptwettbewerb des 77. Filmfestivals von Cannes.[8] Das Premieren-Publikum zollte Bakers Film zehnminütigen Applaus nach Ende der Vorstellung.[9] Bereits Monate zuvor hatten die Branchendienste IndieWire und Variety den Film beziehungsweise die Schauspielleistung von Hauptdarstellerin Mikey Madison mit zu den am meisten erwarteten des Filmjahres 2024 gezählt.[10][11]

Im internationalen Kritikerspiegel des Branchenmagazins Screen International erhielt Bakers Regiearbeit 3,3 von 4 möglichen Sternen und belegte gemeinsam mit dem indischen Beitrag All We Imagine as Light den zweiten Platz unter allen gezeigten Wettbewerbsbeiträgen, hinter dem iranischen Beitrag The Seed of the Sacred Fig.[12] Auf der Website Metacritic erhielt Anora eine Bewertung von 89 von 100 möglichen Punkten, basierend auf mehr als einem Dutzend ausgewerteten englischsprachigen Kritiken. Dies entspricht einhelligem Beifall („universal acclaim“) und es wurde eine eindeutige Filmempfehlung („must-see“) ausgesprochen.[13] Auch die Website Rotten Tomatoes fasste den Konsens der englischsprachigen Filmkritik beinahe ausnahmslos positiv zusammen.[14]

David Ehrlich (IndieWire) stimmte in das Lob mit ein. Er gab der „herzzerreißenden, aber urkomischen Klassenkomödie“ die Schulnote „A“ (deutsches Schulsystem: 1) und pries die Darstellung ihrer „überragenden“ Titelheldin Mikey Madison. Die Geschichte sei näher an Der schwarze Diamant von Benny und Josh Safdie angesiedelt, statt an Pretty Woman. Ehrlich lobte die „unvergessliche“ Schlussszene, in der die Realität den Film einhole.[15] Auch listete die IndieWire-Redaktion Anora auf den dritten Platz seiner möglichen Palmen-Anwärter, hinter dem am vorletzten Tag aufgeführten iranischen Beitrag The Seed of the Sacred Fig und All We Imagine as Light.[16]

Laut Greta Gerwig, Juryvorsitzende des Hauptwettbewerbs von Cannes, hatte Anora etwas, dass die Jury „an einen Klassiker erinnerte“. Auch hob sie den Aufbau hervor, der zum Teil Werken von Ernst Lubitsch und Howard Hawks ähnle.[17]

Anora wird 2024 im Verleih von Neon in den nordamerikanischen Kinos starten.[2] Das Unternehmen hatte zuvor mit Parasite, Titane, Triangle of Sadness und Anatomie eines Falls auch die zwischen 2019 und 2023 mit der Goldenen Palme in Cannes preisgekrönten Filme in Nordamerika verliehen.[1] Focus Features und Universal Pictures International sicherten sich unter anderem die Verwertungsrechte für den deutschsprachigen Raum.[7]

Auszeichnungen

Sean Baker während der Abschlusszeremonie in Cannes

Für Anora erhielt Sean Baker die Goldene Palme des Filmfestivals von Cannes zuerkannt.[18] Es war der erste Sieg eines US-amerikanischen Regisseurs seit 2011. Baker widmete die gewonnene Trophäe allen vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Sexarbeiterinnen.[19]

Einzelnachweise